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III. Deutschland.
war noch im Mittelalter ein großer Buchen- und Eichenwald, der dann
erst vom Menschen verheert wurde. Weiter gen NW. aber verhindert die
oft stürmisch von der Nordsee ins Land wehende Luft den Waldwuchs.
Schon bald nach der Römerzeit ist das Renntier aus Deutsch-
land verschwunden; von den übrigen Hirschtieren hält sich das Elen
noch in einigen Forsten Ostpreußens. Gemsen giebt es auch noch aus
den deutschen Alpen, hingegen ist Bär und Wolf in den letzten Jahr-
Hunderten bei uns ausgerottet worden (obwohl zur Winterzeit Wölfe
aus Frankreich in unser Rheingebiet, aus Rußland nach Ostpreußen
einzufallen pflegen). An unseren Küsten tummelt sich der Seehund,
flattern die Möwen. Aus Nord- und Ostsee schwimmen in unsere
Flüsse hinein Lachs und Stör, aus dem schwarzen Meer in die
Donau der Hausen.
Das ältere Deutsche Reich umfaßte nahezu alle Länder Mittel-
europas. Es hatte sich seit dem Teilungsvertrag zu Verdun (843) aus
der großen Franken-Monarchie Karls d. Gr.1 herausgesondert, weshalb
es anfangs auch das ostfränkische hieß. Es erschien lange Zeit als ein
Bund von Stcunmesherzogtiunern, nämlich der Herzogtümer Sachsen
(von der Eider und Elbe bis zur Grenze der heutigen Provinz Westfalen
gegen die Rheinprovinz), Lothringen (das westlichere Rhein- und das
Maasgebiet), Franken (am Mittelrhein und Main), Schwaben und
Bayern, wozu noch (ohne Stammesherzöge) Hessen und Thüringen
kam. Der Wiedererwerb des seit der Völkerwanderung an die Slawen
verlorenen Ostens verdoppelte beinahe die Größe des Deutschen Reichs,
doch gegen den Schluß des Mittelalters trennten sich Belgien, die Nieder-
lande und die Schweiz aus dem Reichsverband, der selbst durch Zerbröcke-
lung in eiue Unmasse von nahezu selbständigen Fürstentümern und Frei-
stadtgebieten seiner Auflösung entgegenging. Diese Auslösung erfolgte
durch Napoleon I. 1806. Der sogenannte „Deutsche Bund" (seit 1815)
war eine schattenhaste Erneuerung des Deutschen Reichs durch eine lose
Verbindung von zuletzt noch 34 Staaten in dem ungefähren Grenzumfang
des früheren (verkleinerten) Reichs; aufgehoben waren durch Napoleon
alle geistlichen Fürstentümer in Deutschland, und auch von den übrigen
früher selbständigen kleinen Staaten des alten Reichsverbandes waren eine
Menge größeren Staatsgebieten einverleibt worden. Durch den Krieg von
1866 hörte der Deutsche Bund auf zu bestehen, der österreichische Kaiser-
ftaat trennte sich von den übrigen Staaten des bisherigen Bundes, die
mitten in dem ruhmvollen Verteidigungskrieg gegen Frankreich 1871 den
König von Preußen zum Erbkaiser des Deutschen Reichs ausriefen. Auf
dieses neue Reich als die Hauptmasse Mitteleuropas ist seitdem der Name
Deutschland beschränkt worden.
Die 521/4 Mill. Unterthanen des Deutschen Reichs sind zum weitaus
größten Teil deutscher Abkunft. Östlich von der thüringischen Saale
* S. 54.