38 Die deutschen Schutzgebiete.
Brasilien.
Dieses Riesengebiet, das mit 8y3 Mill. qkm fast die Größe Europas erreicht,
hat nur 26 Mill. Einwohner (3 auf 1 qkm), von denen die meisten Mischlinge sind.
Doch nimmt es namentlich in den südlichen Teilen, wo die Europäerbevölkerung
vorwiegt, einen erfreulichen wirtschaftlichen Aufschwung. Neben der herrlich in einer
geschützten Bucht gelegenen Hauptstadt Rio de Janeiro (900 000 Einw.), dein
ersten Kaffeemarkt der Welt, zählen Pernambuco, Bahia und Santos zu
den wichtigsten Häfen des Erdteils. Das Urwaldgebiet des Amazonas erhält durch
seinen Reichtum an Kautschuk eine immer mehr steigende Bedeutung für die
Weltwirtschaft (Ausfuhrhäfen Manaos und Para). Im mittleren und südlichen
Brasilien ist Kaffee weitaus das wichtigste Erzeugnis; % der Kaffeeernte der
Welt kommen aus Brasilien. Daneben wird hier mehr Kakao gebaut, als in irgend-
einem Lande der Welt, dazu Baumwolle, Tabak und Farbhölzer. Große Bedeu-
tung könnten bei besseren Verkehrsmitteln die Bodenschätze des Inneren gewinnen,
namentlich die Eisenlager, dann reiche Kohlenfelder und Diamantenlagerstätten.
Die Beteiligung des Deutschtums an der Ausschließung Brasiliens ist außer-
ordentlich groß, nicht nur in den rein deutschen Ansiedelungen des Südens, sondern
auch in allen größeren Handelsstädten. Die rein deutschen Handelshäuser haben
mindestens y2 Milliarde M. im Lande angelegt.
Deutschlands Handel mit dem gesamten Romanischen Amerika
übertrifft den mit ganz Asien, Australien und der Südsee zusammengenommen
und erreicht den mit der Union. Hier ist das Hauptarbeitsfeld der nächsten Zukunft
für unsere wirtschaftliche Ausbreitung!
Die deutschen Schutzgebiete.
Geschichtliches.
Schon im Mittelalter haben die Deutschen vereinzelte Versuche gemacht, Kolo¬
nien zu gründen. Der Hansebund hatte Niederlassungen an den nordischen Küsten
und selbst im Inneren Rußlands (Nowgorod). Reiche süddeutsche Kaufherren grün-
deten in Südamerika Ansiedelungen, so die Fugger in Chile, die Welser in Vene-
zuela (um 1530). Der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm von Brandenburg
(1640—1688), erwarb trotz des Widerstandes der Holländer Besitzungen an der
afrikanischen Goldküste und ließ dort das Fort Großfriedrichsburg erbaueu.
Auch die Küste nahe dem Senegal war damals brandenburgisch. Im Jahre 1686
pachtete er ein Stück der dänisch-westindischen Insel St. Thomas, um dort einen
Stützpunkt für den Handel mit Negersklaven zu gewinnen. Aber unter seinen Nach-
folgern ging alles wieder verloren. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ver-
kaufte 1718 die afrikanischen Besitzungen für 7200 Dukaten an die Holländifch-West-
indische Kompagnie.
Ähnlich scheiterten noch verschiedene andere Versuche, Kolonien zu gründen.
Noch 1859 erklärte der englische Minister Lord Palmerston: „Die Deutschen mögen
den Boden pflügen, mit den Wolken segeln oder Lustschlösser bauen; aber nie seit