12 Mittelrheinische Tiefebene: II. Natur u. Menschenwerk. III. Völkerleben n. Siedelungen.
als im Schwarzwald ist dagegen die Rindviehzucht. Die Molkereien auf den wiesen-
grünen Hochtälern genießen durch ihre Käsebereitung einen gewissen Ruf (Münsterkäse
und Tamembertkäse). Die Wasserkraft der Flußläufe ist in den Dienst hervorragender
Vaumwollweberei gestellt- die Spinnereien und Webereien, welche Tausenden von Familien
Nahrung spenden, liefern die vorzüglichsten Stoffe von ganz Mitteleuropa (Kattun-
zeuge und gedruckte Tücher). Seltener sind die Fabriken für tDoll- und Seidenwaren.
Während die weiter nördl. gelegenen Gebirge auf den höhen Wälder oder magere Kartoffel-
äcker tragen (Eichenpflanzungen des Gdenwaldes), werden die nach der Rheinebene sich
senkenden Hügel von Obsthainen umschattet und von Reben und Hopfen umrankt. Ve°
sonders hüllt im Frühling ein duftiges Vlütengewand den ganzen Abhang ein.
Im 8 der Ebene mit ihren eiszeitlichen Schottermassen und ihrem durch Über-
schwemmungen abgelagerten Sandboden dehnen sich Kiefernwaldungen oder Kartoffel-
felder aus. Im übrigen ist aber der Schwemmlandboden höchst fruchtbar. Namentlich
an dem Hügelgelände hat der Wind besonders ergiebigen Lößboden geschaffen. Durch
die sonnige, tiefe tage und durch den Schutz der umrahmenden Gebirgswälle gegen kalte
Winde erfreut sich das Gebiet des mildesten Klimas von Deutschland (über 10° durch¬
schnittliche Jahrestemperatur). Ein heißer Sommer nebst langem, trockenem herbst läßt
hier allein Mais und Edelkastanie reifen. Reich ist der 5lnbau von Hopfen, Zuckerrübe,
Weizen und Gerste. Der Tabakbau bringt hier die besten Sorten und massenhaftesten Ernten
von Deutschland. 5tn den Rändern umsäumen üppige Rebgärten und Gbsthaine das Frucht-
land (Kpfel und Kirschen; Apfelwein und Kirschwasser). Im unteren Mainland finden
sich zahlreiche Obstweinkeltereien und Schaumweinfabriken.
Nach N hin zunehmende Verkehrsgunst. Im 8 gestattet die Wildheit des Stromes
nur Talflößerei, so daß dem Schiffsverkehr (zumal stromauf) der Rhein-Rhone-Kanal vom
Oberlauf der III zum Doubs zu Hilfe kommt. Nach N hin schwillt der Verkehr immer
mehr an: er begleitet den Strom in Schienensträngen auf beiden Ufern und überschreitet
ihn auf zahlreichen Brücken (Abb. 6). Im mittleren Drittel durchquert die Orientexpreß-
bahn, die die Zaberner und pforzheimer Senke benutzt, die Ebene, vom Oberlauf der
III führt der Rhein-Marne-Kanal nach XV durch die Marne zur Seine. Bei der Lauter-
mündung beginnt der Großverkehr der Dampfschiffahrt, und bei der Neckarmündung
wächst er zu gewaltiger Größe an. In dieser Gegend hat namentlich die Zufuhr von
westfälischen Kohlen ansehnlichen industriellen Kufschwung herbeigeführt.
III. Sie Stätte ältester deutscher ttultur- und Handelsblüte. Schon römische
Kolonisten haben im alten ,,Zehntland" den Wald gerodet und die Reben gepflanzt.
Nach der Völkerwanderung entwickelte sich sehr bald hier an der natürlichen Verbindung?-
linie vom Mittelmeer zur Nordsee ein reger Durchgangsverkehr. Die prächtigen Dome
von Freiburg, Straßburg, Speyer, Worms und Mainz verraten ein handelskräftiges
und kunstsinniges Bürgertum. Auch heute findet die Kultur hier durch Förderung der
Kunst (Karlsruhe, Darmstadt) und Wissenschaft (Freiburg, Straßburg, Heidelberg) eine
Hauptpflegestätte. Freilich deuten auch die Ruinen von Ritterburgen und Fürstensitzen
(hohkönigsburg, Heidelberg) auf die wechselvollen Geschicke des Gebietes hin.
Einfluß des Stromlaufes auf die Staatenbildung. In der Südhälfte bis zur höhe
der Murg Hausen Schwaben (hier Allemannen genannt) mit vorwiegend katholischem Ve-
kenntnis. Jenseits vom Kamm des Wasgenwaldes herrscht die französische Sprache. Im N
wohnen Rheinfranken mit protestantischem Glauben- zu ihnen gehören auch die geweckten
und lebensfrohen Pfälzer („Fröhlich Pfalz, Gott erhalt's!") auf dem linken Rheinufer.