Volltext: [Die außereuropäischen Erdteile, Die deutschen Kolonien] (H. 3 = Lehrstoff d. Untertertia)

11. Sibirien. 
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Sommer, in denen die Pflanzenwelt sich schnell entwickelt, die europäischen Getreide- 
arten reifen, und ungeheure Schwärme von Stechmücken eine Plage für Menschen 
und Tiere sind. 
Erzeugnisse, Nahrungszweige. Mehr als die Hälfte des Landes ist zum § 170. 
Ackerbau untauglich. Nur im S. gedeiht dieser und verspricht eine großartige Ent- 
Wicklung, leidet indes sehr durch Heuschrecken. Die Viehzucht ist möglich und ein- 
träglich sast bis ans Eismeer. Der Hauptreichtum Sibiriens aber besteht jetzt noch 
in Holz, in Pelztieren und vornehmlich in den Erträgen des Bergbaues, der 
Gold* und Silber, jedoch erst wenig Kohle, Eisen und Kupfer liefert. 
Sibirien ist auch das erste Graphitland der Erde 2. Die Entwicklung des Landes 
ist gehemmt durch den Mangel an Straßen, das gewundene Flußnetz ist im Sommer, 
der Schlitten im Winter das wichtigste Verkehrsmittel. Die Transsibirische Bahn» 
führt von Samara über Tomsk-Jrkntsk durch die Mandschurei nach Wladiwostok. 
Die Strecke nach der Festung Port Arthur uud dem großartig angelegten Handels- 
Hafen ist in japanische Hand übergegangen. 
Die Bevölkerung, 6,5 Mill., nicht so zahlreich wie die Groß-Londons, § 171. 
besteht zu 9/10 aus Russen, die teils Nachkommen von Verbannten, 
„Deportierten", d. h. zur Strafe hierher Verschickten, teils freiwillig ein- 
gewandert sind. Meist fest angesiedelt, bewohnen sie einen breiten 
Streifen am Südrande Sibiriens bis über den fischreichen und außer- 
ordentlich tiefeit Baikälfee (so groß wie Württemberg und Baden) hinaus, 
sowie die Flußufer. — Die eingeborene Rasse mongolischer Bevölkerung 
zählt kaum y2 Mill. und zerfällt in zahlreiche Hirten-, Jäger- und Fischer- 
stamme. Bon ihnen versprechen die Jakuten, vielleicht auch die Tschuk- 
tschen und Tuugusen, die an beiden Ufern der Lena bis nach dem Eis- 
meere hin wohnen, zu dauern, da sie auch Viehzüchter, Händler und sehr 
anpassungsfähig sind. Meist gehören diese Stämme dem schamanischen 
Heidentum ^ an. 
a) Westsibirien: ^ T 0 msk, abseits vom r. Ufer des Ob, Sitz der sibirischen § 173. 
Universität, wichtig als Handelsplatz durch seine Lage an der großen Verkehrs- 
straße nach China und zu den Goldwäschereien und Bergwerken im Altai. — Wo 
die Straße von Iekaterinbürg den Jrtisch überschreitet, Tobölsk. 
* Rußland liefert etwa 1/4 (36000 ^ des jährlich auf der Erde gewonnenen 
Goldes, das 1900 einen Wert von 1400 Mill. Mark hatte. Der Altai, mongolisch 
„Goldgebirge", ist neben dem Ural die Hauptfundstätte. 
2 Graphit oder Reißblei bildet den wesentlichen Bestandteil unserer Bleistifte, wird 
aber auch sonst noch mehrfach verwendet, z. B. zu Schmelztiegeln. 
^ 3 Diese Bahn, der längste Schienenweg der Erde, hat vom Tfcheljabinsk am ö. 
Ural bis Wladiwostok eine Länge von 6550 km, mit der Zweiglinie nach dem jetzt 
japanischen Port Arthur noch 1000 km mehr. Die Herstellungskosten sind auf rund 
900 Mill. Mark veranschlagt, aber weit überschritten. 
4 Der Grundzug des Schamanismus ist der Glaube an die Verbindung der Leben- 
den mit ihren verstorbenen Ahnen. Schamanen sind die Priester, denen der Glaube 
die erbliche Fähigkeit beilegt, jenen Verkehr zu beherrschen. Diese versetzen sich durch 
aufreibende Fasten in der Einsamkeit und den Genuß von Reizmitteln in Verzückung 
und „beschwören" dann die Geister.
	        
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