Full text: Lehrstoff für die mittleren Klassen (Teil 2)

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zugefroren. Nun hätte man denken sollen, der Winter werde da¬ 
mit zu Ende sein; der Beobachter selbst glaubte es, und freute sich 
schon genug darüber, dass er einer Stadt, zu einer Zeit, wo sie sich 
dessen am Wenigsten versah, das Zufrieren der Kanäle hatte vor¬ 
hersagen können. Es schaute auch wirklich Alles auf, aber auf ein¬ 
mal bemerkte er wider alle Erwartung den 28. Februar eine allge¬ 
meine Gährung unter seinen Spinnen. Sie liefen hin und her, 
singen emsig an zu weben und griffen einander an. Der Beobach¬ 
ter schloff daraus, dass noch etwas Merkwürdiges, und wenigstens 
sehr trokkene, wo nicht sehr kalte Witterung eintreten werde. Er 
ließ diese Vermuthung dem ersten Buchhändler in der Stadt und 
durch diesen dem Publikum mittheilen. Zwei Tage darauf regnete 
«s, und dies war nun seiner Prophezeihung nichts weniger als gün¬ 
stig. Fünf Tage darauf regnete es noch immer fort, und die Weis-' 
sagung schien je länger je mehr zu wanken. Aber den Blikk immer 
auf das Benehmen der Spinnen geheftet, schrieb er alle Tage an 
den nämlichen Buchhändler, dass er immer noch gewiss an tcokkenes 
oder kaltes Wetter glaube. Endlich den 8. März sing es an win¬ 
dig zu werden, den 9. schneite es, und den 10. siel Frost ein-, so 
dass auch die Kanäle wieder zufroren. 
Der größte und merkwürdigste Beweis von der Wichtigkeit 
dieser Beobachtungen und von der Zuverlässigkeit der darauf gegrün¬ 
deten Wetterprophezeihungen, war die Eroberung Hollands durch die 
Franzosen in dem Winter von 1794 auf 1795. Disjonval hatte 
einen Gefangenwärter, der selbst der Partei der Patrioten günstig 
war, und daher mit seinem Gefangenen weniger strenge verfuhr. 
Durch diesen konnte Disjonval den Patrioten bekannt machen, 
vass ein harter Winter bevorstände, der den Übergang über alle Flüsse 
und Kanäle gestatten würde. Auf die Eroberung der Stadt durch 
die Franzosen konnte er einzig und allein die Hoffnung seiner end¬ 
lichen Befreiung aus dem langen Gefängnisse gründen; man kann 
denken, wie sorgfältig er seine Spinnen beobachtete. Im Anfange 
des Decembers erfuhr er zu seinem großen Schrekken, dass man von 
Unterhandlungen spräche, wodurch auf einmal seine Hoffnung wäre 
zernichtet worden. Er eilte, durch alle Mittel, die in seiner Macht 
standen, bekannt zu machen, dass seine Spinnen arbeiteten, als ob 
unausbleiblich und spätestens in 14 Tagen ein schrekklicher Frost ein¬ 
treten sollte. Man glaubte der Prophezeihung, kapitulirte nicht, 
und den 29. December war Alles so fest gefroren, dass die Franzo¬ 
sen über die Waat setzen konnten. Die feindliche Partei schmeichelte 
sich indessen nocb damit, dass bald Thauwetter einfallen würde, weil
	        
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