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B. Hessen. — I. Das Land als Ganzes.
3) Das Wesergebiet.
Werra und Fulda. Die beiden Ouellflüsse der Weser, Werra und Fulda,
sind zugleich die beiden bedeutendsten Flüsse Hessens, jene hat eine Länge
von 276 km, diese von 154 km. Während man die Werra mehr als einen
Grenzfluß Hessens bezeichnen kann, der da, wo er Hessen berührt, sich
immer nur an seinen äußersten Saum hält, ist die Fulda der hessische Fluß.
Die Fulda. Sie fließt bis auf eine ganz kleine Strecke vor ihrer Ver-
einigung mit der Werra bei Münden nur durch hessisches Gebiet, sie empfängt
die größeren Zuflüsse Hessens wie die Eder mit der Schwalm und umfaßt
daher auch ein weit größeres Stromgebiet als die Werra (Stromgebiet der Fulda
6956 qkm, das der Werra 5565 qkm); an ihr haben sich die bedeutendsten und
oft zugleich ältesten Siedlungen Hessens, wie Fulda, Hersfeld, Cassel, entwickelt.
Sie entspringt etwa südlich von Hessens höchstem Berge, der Wasserkuppe,
an der sog. Kleinen Wasserkuppe, und wechselt in ihrem Laufe viermal die
Richtung zwischen NW und NO, ähnlich wie die parallel fließende Werra.
Nachdem sie die Hohe Rhön verlassen hat, durchfließt sie ein weites Becken
zwischen Rhön und Vogelsberg, dann zwischen Knüll und Süllingswald. Bei
dem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt Bebra bildet sie ein scharfes Knie nach
0, um sich dann nach NW der Hessischen Senke zuzuwenden. Bei Cassel
durchfließt sie als ein stattlicher Fluß ein 8 km langes und ebenso breites
Talbecken und bahnt sich dann nach NO in einem engen Durchbruchstal einen
Weg durch ein Buntsandsteinplateau nach Münden, indem sie den Kaufunger
Wald vom Reinhardswald trennt. Seit 1895 ist die Fulda auf der Strecke
von Cassel bis Münden kanalisiert, auf ihr findet hier ein reger Güterverkehr
mit Schleppdampfern statt.
Die Zuflüsse der Fulda. Von der rechten Seite empfängt die Fulda
nur kleine Zuflüsse, die bei Hersfeld mündende Haune oder die bei Cassel
einmündende Losse- ihre größeren Zuflüsse erhält sie von links, da hier ihr
Stromgebiet sich bis ins Rothaargebirge ausdehnt, wo ihr bedeutendster Zu-
fluß, die Eder, am Ederkopfe in einer Höhe von 660 m entspringt. Das
Flußgebiet der Eder kommt dem der Fulda gleich- durch die Edertalsperre,
die man unterhalb des Schlosses Waldeck auf Waldecker Gebiet angelegt
hat, kann man eine Wassermenge von 262 Millionen cbm anstauen, was für
die Weserschiffahrt von der höchsten Bedeutung werden wird. In ihrem viel-
gewundenen Oberlaufe durchbricht die Eder in einem engen Durchbruchstale das
alte Gebirge, bis sie unterhalb Schloß Waldeck, oberhalb Fritzlar, in die Hessische
Senke und damit aus Waldeck wieder in Hessen eintritt. In ihrem Unterlaufe
geht ihr noch bei der malerischen Ruine Altenburg die vom Vogelsberg kommende
Schwalm zu, deren Südnordrichtung die Eder bis zu ihrer Mündung folgt.
Die Werra. Als der eigentliche Quellfluß der Weser wird infolge ihrer
größeren Lauflänge die am Westabhange des Thüringer Waldes entspringende
Werra angesehen, zumal da ihr Name im Grunde derselbe ist wie „Weser"'.
In ihrem Oberlaufe zwischen Rhön und Thüringer Wald bildet sie auf eine
Strecke die natürliche Grenze zwischen dem Großherzogtum Sachsen-Weimar
1 Die Werra führte im Althochdeutschen denselben Namen wie die Weser: Wi-
suraha, Wisara, W6sera, woraus durch Assimilation (Angleichung des „s" an „r")
Werra wurde.