Full text: [Theil 7, [Schülerband]] (Theil 7, [Schülerband])

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Napoleon hatte 1806 die Victoria nach Paris bringen lassen; sie 
ist mit anderen Trophäen 1814 zurückgekehrt. Nicht weit von ihr 
steht noch höher und glänzender eine andere Victoria, die sechzig 
Jahre später errichtet ist. Sie prangt auf der 50 M. hohen ge¬ 
waltigen Siegessäule, die König Wilhelm zum Andenken an seine 
drei großen Kriege erbaut hat. 
Unmittelbar vor dem Thore beginnt der Thiergarten, ein über 
200 Hektare großer Lustwald, in dem schöne Anlagen und Wasser¬ 
partien, Lusthäuser und Gastwirtschaften zerstreut sind, und auf 
den der Berliner stolz ist. Im 16. Jahrhundert wurden hier Hirsche 
und anderes Wild gehegt. Jetzt finden sich allerdings kaum noch 
Hasen und Rehe. Aber ein anderer Thiergarten, der sogenannte 
zoologische Garten, ist in der Nähe entstanden. Hier findet man in 
einem weiten, schönen Lustgarten Löwen und Tiger, Walrosse und 
Eisbären, Kameele und Elephanten, die verschiedensten Arten von 
Affen, Adler und Papageien, Schildkröten und Krokodile, kurz allerlei 
Thiere der fernsten Erdtheile in stattlichen Häusern und Gehegen 
beisammen. 
Das wäre eine Wanderung quer durch Berlin. Daß es nun 
in Berlin außer dem bereits Erwähnten noch viele nennenswerthe 
Straßen, Plätze, Gebäude, Denkmäler, Vorstädte, Fabrikanlagen 
u. s. w. gibt, versteht sich von selbst. Und ebenso versteht es sich, daß 
nicht alle Theile der ungeheueren Stadt so prächtig sind. Weite und 
große Stadtviertel sind insbesondere von vielen Tausenden von Arbeitern 
bewohnt, und in manchem Dachstübchen oder Kellerraum haust, friert 
und hungert die bitterste Armuth. 
Etwas, was dem Kleinstädter und Landmann in Berlin ganz 
besonders auffällt, ist der gewaltige Wagenverkehr. Außer 5000 
Droschken fahren einige hundert Omnibusse von den äußersten Enden 
nach der Mitte der Stadt oder an das entgegengesetzte Ende. An 
den Kreuzungspunkten zumal sieht man leicht mit einem Blicke ein 
halbes Dutzend der gelben, schwerfälligen Wagen durch die Straße 
schwanken. Dazu kommen die Wagen der Pferdebahn, die auf 
eisernen Schienen, aber von Pferden gezogen, durch die Straßen, 
um die Stadt und nach den nächsten Orten rollen. Die prachtvollen 
Wagen der vornehmen Leute suchen sich die bequeme Ausfahrt durch 
das Brandenburger Thor, von wo sie in langen! Zuge durch den 
Thiergarten sich belvegen, während im Mittelpunkte der Geschäfte 
die Last- und Rollwagen nebst Droschken zum Schrecken der Fu߬ 
gänger daherrasseln. Sendet nun gar das Hauptpostamt mit dem 
Schlage der Glocke nach fünfzig und mehr Stadtpostümtern auf 
einmal die Wagen aus, und kömmt vollends die Feuerwehr, durch 
ihre schrille Glocke angezeigt, mit ihrer Wagenreihe im Galopp daher,
	        
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