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A. Allgemeine Erdkunde. — V. Die Lufthülle der Erde.
werden die Luvhänge stark benetzt, während die entgegengesetzte, die Leeseite,
von absteigenden, ihres Wassergehaltes verlustig gegangenen Winden getroffen
wird und deshalb unter Regenarmut leidet. Im Gebirge felbst nimmt der
Niederschlag bis zu einer gewissen Hohe (in der Schweiz bis etwa 2000 m,
im Deutschen Reiche bis 1300 in) zu, iu höheren Lagen wieder ab. Schon
auf engbegrenztem Gebiete zeigt sich der Einfluß der Erhebungen aus die
Menge und Verteilung der Niederschlüge. Eine Regenkarte von Deutsch¬
land läßt überraschenderweise die Gebirgszüge hervortreten. Die Ober-
rheinische Tiefebene ist niederschlagsarm, während die beiderseitigen Ge-
birgszüge stark befeuchtet sind. Sogar die niedrigen Höhen des Nord-
deutschen Tieflandes zeichnen sich vor ihrer Umgebung durch reichere Nieder-
schlüge aus.
Absteigende Luft hat Trockenheit im Gefolge. Das erklärt die geringen
Regenmengen der Gegenden auf den polaren Seiten der Passate, den heitern
Himmel im Bereiche herrschender Luftdruckmaxima. — Für den Einfluß wagerechter
Luftströmungen auf die Niederschlagsbildung ist entscheidend, ob die Winde aus
wärmereu in kältere Gegenden oder in entgegengesetzter Richtung wehen.
In ersterem Falle schütten sie reichlichen Regen aus, so der indische Südwestmonsun,
der zugleich Steigungsregen abgeben muß, indem er an den Gebirgen aufsteigt.
Aus kühlereu in wärmere Gebiete wehende Winde bringen nur geringe Niederschlüge.
Regenarmut bis zur Wüsteudürre zeigt daher ein großer Teil der Passatzonen. Der
Antipassat, der schon über den Tropen sich abgeregnet hat, ist an sich relativ trocken.
Indem er in den Roßbreiten sinkt nud gegen den Äquator abfließt, wird er stark
erwärmt. Deshalb gibt er nicht nur keine Feuchtigkeit ab, sondern ist begierig, solche
auszunehmen- er trocknet die Länder aus. — Wie verschieden warme oder
kalte Meeresströmungen die Niederschlagsverhältnisse der benachbarten Küsten
beeinflussen, beweist der Regeureichtum der vom Golfstrom berührten Westküste
Europas, die Trockenheit der Westküste Südafrikas und der mittleren Westseite
Südamerikas. Endlich nimmt die Regenmenge im allgemeinen in der Richtung
der Hauptregenwinde mit der Entfernung von der Küste ab, da der znm großen
Teile dem Ozean entstammende Wasserdamps um so mehr abgegeben wird, je länger
die Winde über Landflächen wehen. Aus diesem Grunde sind der NO Sibiriens
und der NW Amerikas wenig benetzt.
(1) Messen der Niederschläge. Die Höhe der Niederschläge mißt man mit
dem Regenmesser, einem auf einem Stativ ruhenden Zylinder von nicht
größerer Öffuuug als 200 qcm, in den ein mit einer Millimeterskala ver-
sehenes Glasgefäß eingelassen ist. Der Wasserstand in dem Regenmesser nach
Ablauf einer bestimmten Beobachtungszeit gibt in Millimetern die Höhe der
Wasserschicht an, die innerhalb dieses Zeitraums den Erdboden bedeckte,
wenn das Wasser stehenbliebe, also nichts einsickerte, nichts abflösse und
nichts verdunstete. — Die Regenhöhe eines Monats, eiues Jahres usw. wird
gewonnen, indem man die Beträge der Einzelbeobachtuugen während dieser
Zeiten zusammenzählt l.
1 Die Wassermenge, welche die Atmosphäre alljährlich an die Erde abgibt, ist so groß,
daß sie eine Fläche, die der Größe Deutschlands nahezu gleichkommt, 1,5 km hoch be¬
decken könnte.