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B. Länderkunde. — VI. Europa.
III. Die Landschaftsgebietc. In dem Oberflächenbilde des Landes treten
fünf große Landschaftsgebiete hervor, die sich zum Teil mit politischen Ein-
heiten decken: 1. die Alpen-, 2. die Karst-, 3. die Sudeten-, 4. die Kar-
Patenländer, 5. das Ungarische Tiefland. Diese Gebiete werden größten-
teils durch die Donau, deren Einzugsgebiet fast drei Viertel des gesamten
Reiches umfaßt, zu einer Einheit miteinander verbunden. Daher heißt Öfter-
reich-Ungarn mit Recht der „Donaustaat".
§ 203.
A. Die Alpenländer.
a) Die Landschaft. Die Alpenländer umfassen
den größten Teil der Ostalpen, nämlich das Gebiet,
das östlich von der Linie Rhein-Gardasee bis an die Donau uud an das
Karsthochland reicht, abgesehen von kleineren Anteilen des Deutschen Reiches,
der Schweiz und Italiens. Der nördliche Kalkalpengürtel der Ostalpen
beginnt im W mit den Vorarlberger und Algäuer Alpen (Algän — Alt-
gan); nördlich vom Inn folgen die Nordtiroler Kalkalpen, im Gebiet der
Salzach die Salzburger Alpen, in dem der Enns die Österreichischen
Alpen, die an der Donau mit dem Wiener Walde enden.
In den Zentralalpen erstrecken sich zwischen Inn und Etsch, vom Paß
der Reschen-Scheideck bis zum Brennerpaß, die Ötztaler Alpen. Östlich
vom Brennerpaß treten die Hohen Tauern (Bild 23, 27) mit dem Groß-
glockner (3800 m) hervor; sie verzweigen sich an der Murquelle iu die
Niederen Tauern mit ihrer Fortsetzung, den Eisenerzer Alpen, und in
die Steirischen Alpen. Im NO des Murknies führt aus dem Tal der
Mürz der Semmeringpaß (§ 194) ins Leithatal und nach Wien.
Der Zug der Südlichen Kalkalpen auf österreichischem Boden wird
in seinem westlichen Teile durch das Quertal der Etsch iu die Ortler Alpen
mit dem Ortler (3900 m), dem höchsten Gipfel Österreichs, und in die
wunderbar verwitterten, durch überraschend jähe Felswände, Zinnen, Nadeln
und Grate ausgezeichneten Südtiroler Dolomiten gegliedert (Buntbild).
An den großartigen Ortlergletschern vorbei führt die Paßstraße über das
Stilffer Joch (§ 194), wo sich die Grenzen Österreichs, der Schweiz und
Italiens berühren, aus dem Tal der Adda in das Etschtal. Im Süden des
Drantals streichen die Karnischen Alpen und die Karawanken. Die
Verbindung mit dem Karst stellen die Jnlischen Alpen her; sie entwässern
zur Save und zum Jsonzo und tragen den östlichsten Alpengipfel mit dauern-
der Schneebedeckung, den Triglav (2900 m).
Noch mehr als in den Westalpen kommt die Verschiedenheit der Gesteins-
arten in den Ostalpen durch das Oberflächenbild zum Ausdruck. Den ruhigen,
massigen Formen des kristallinischen Gürtels steht die Wildnis der zerrissenen,
schluchtenreichen Felsmassen der Kalkzonen gegenüber. Die Ostalpen sind
verhältnismäßig arm an größeren Seen; die meisten finden sich im Salz-
kammergut und in Kärnten. Verkehrsgeographisch bilden die Ostalpen ein
weit größeres Hindernis als der Westen des Hochgebirges, da ihre zahl-
reichen westöstlich streichenden Ketten und Längstäler einen mehrmaligen Auf-
und Abstieg notwendig machen.