fullscreen: Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung

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I. Lebensbilder. 
Lohn, sondern nur auf den Nutzen, den dir eine solche Stelle für die 
Vervollkommnung in deinem Handwerke bringt; dein Meister wird ohne¬ 
hin, wenn er dich in der Folge als einen geschickten, bescheidenen, lernbe¬ 
gierigen und fleißigen Gesellen kennen lernt, von selbst deinen Lohn er¬ 
höhen und darauf bedacht sein, dir immer nützlicher zu werden. 
Erwirb dir durch gesittete Aufführung, Treue und Fleiß das Ver¬ 
trauen und die Liebe deines Meisters. Dieser wird dann wenig zurück¬ 
haltend in seiner Kunst sein, er wird dich als ein Mitglied seiner Familie 
betrachten und vielleicht, wenn du in deiner weiteren Ausbildung ihn ver¬ 
läßt, dich anderswohin empfehlen. 
Halte dich nie bei unnützen und deshalb schädlichen Dingen auf. 
Liebhabereien haben schon viele Menschen ins Unglück gestürzt, ja ganz 
zu Grunde gerichtet; habe daher ein scharfes, ein wachsames Auge auf 
deinen Zeitvertreib. Sei ernst und besonnen in der Erfüllung deiner Be¬ 
rufspflichten. 
Lieber Bruder! Das Wirtshaus verschafft dir wohl Zehrkunden, 
aber keine Nährkunden, dort verlierst du die kostbare Zeit; Zeitverlust ist 
aber Geldverlust; dort verbrauchst du dein sauer erworbenes Geld und 
läufst Gefahr für das Heil deiner Gesundheit und deiner Seele. Spare 
zur Zeit, damit du in den Tagen der Not einen Zehrpfennig hast. 
Sparsamkeit und Ordnung bilden den goldenen Boden des Handwerks. 
Setze deine Ausgaben stets in ein richtiges Verhältnis mit deinen Ein¬ 
nahmen. Vermeide das Spiel; noch ist kein Spieler reich geworden. 
Sei fröhlich mit den Fröhlichen, wo aber wilde Gelage gefeiert wer¬ 
den sollen, da ziehe du dich zurück, und kannst du es nicht ganz vermei¬ 
den, um nicht für einen Sonderling zu gelten, so sei mäßig im Genusse. 
Mische dich nicht in Händel und Streitigkeiten. Sei nicht empfindlich 
und nimm nicht jedes Scherzwort übel auf; mit Heiterkeit und Frohsinn 
ertrage die Schwächen anderer; sie müssen ja die deinigen auch ertragen. 
Erhebe dich nie über sie, spotte ihrer nicht und suche vielmehr ihre 
Fehler zu verdecken oder wenigstens zu entschuldigen. 
Sei höflich und dienstfertig gegen jedermann, ohne für jeden Liebes¬ 
dienst Lohn zu empfangen. Den wohlerzogenen Menschen erkennt man an 
seinen Manieren, er macht sich die Herzen der Menschen geneigt, ihn schätzt 
jedermann; dagegen ist jede Art von Roheit auch am Handwerksgesellen 
widerwärtig und verhaßt. Aber merke wohl: zwischen Höflichkeit und 
Vertraulichkeit ist ein großer Unterschied. — 
Gehe unter deinen Nebenmenschen stets gerade, offene und ehrliche 
Wege, hasse die Schleichwege, denn sie verraten ein unredliches, unehren¬ 
haftes, falsches Herz. Denke nie ohne Not und ohne Grund Arges von 
deinem Nebenmenschen. Der Argwohn ist ein böser Schelm. Sprich von 
deinen Mitkameraden hinter ihren Rücken nichts Böses; sage ihnen lieber 
freundlich und offen, was du gern anders wünschest, sie werden dies lieber 
von dir selbst hören, als durch andere. 
Sei vorsichtig in deinen Äußerungen über öffentliche Angelegenheiten 
und amtliche Personen und ebenso vorsichtig in der Wahl deiner Gesell-
	        
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