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nach. Aus allen Teilen Deutschlands flossen milde Gaben zusammen, und
auch Andersgläubige legten ihre Beisteuern in die Hand des Fürstbischofs
zur Verteilung an die Unglücklichen. Fehlte es den Hungrigen an Nahrung,
so mangelte es noch mehr an Pflege für die armen Kranken in den zer—
streuten und verlassenen Orten. Auch nach dieser Richtung brachte der
unermüdlich sorgende geistliche Vater seinen Kindern Hilfe. Er sandte
i8 Mulglieder des Ordens der Barmherzigen Brüder nach den Stätten
des Elends, wo sie im Vereine mit opferfreudigen Priestern die Werke
der Barmherzigkeit in heldenmütiger Weise ausübten. — Und als später
der Typhus bekämpft war, da wandte er seine ganze Fürsorge den
Tausenden von elternlos gewordenen Kindern zu und ruhte nicht eher,
bis sie alle zuverlässigen Händen anvertraut waren, zum Teil auch Be—
wahr⸗ und Erziehungsanstalten, die auf seine Anregung und Veran⸗
lassung in Oberschlesien für diese Waisen errichtet wurden.
6. Noch war der Hungertyphus in Oberschlesien nicht erloschen, als
ein andres Unheil über unser Vaterland hereinbrach — die Unruhen
des Jahres 1848.
Als damals die Revolution Frankreich, Italien, die Schweiz und
einen Teil von Deutschland erfaßte, da eutstand auch in Preußen ein
mächtig erregtes politisches Treiben. Überall erscholl der Ruf: „Krieg
dem Wel, den Beamten und dem Militär!“
Aber Fürstbischof Melchior räumte nicht seinen Platz. Mutvoll und
entschieden trat er dem Aufruhr entgegen, wie es seine Pflicht und sein
Eifer für die Kirche und das Vaterland gebot.
Eindringlich ertönte die mahnende Stimme des Oberhirten, die das
katholische Volk vor ungerechter Selbsthilfe und dem um sich greifenden
Faustrechte warnte und darauf hinwies, daß auf jeder Gewalttat Gottes
Fluch haftet, und die Strafe nimmer ausbleibt. Das kurze, aber ein—
dringliche Hirtenwort schloß mit der Aufforderung an die Geistlichen, dem
Volke das Verbot jeder Auflehnung wider Ordnung und Gesetz ernstlich
als ausdrückliche Mahnung, als flehentliche Bitte, als heilige Beschwörung
es bekümmerten Bischofs ans Herz zu legen und hinzuzufügen, „daß er
von seinen lieben katholischen Schlesiern erwarte, sie werden ein ruhiges,
besonnenes, männliches und ehrenhaftes Betragen zeigen, durch Achtung
des Gesetzes und der bestehenden Obrigkeit, durch Liebe und Anhänglich⸗
leit an den König, durch Gehorsam gegen die Kirche in dieser Zeit der
Prüfung sich bewähren und so fich der Verheißung des Herrn Matthäus 5)
würdig machen“.
Roch war dieses Hirtenschreiben nicht verkündet, da erfolgte der Steuer⸗