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treibenden Kraft bildender Ideen erfüllten. Neuerdings machen sich nun Bestre-
bnngen geltend, die darauf abzielen, den Schwerpunkt des erdkundlichen Unterrichts
nach einer anderen Richtung zu verlegen. Weder die Staatengebilde der Erd-
teile, noch deren landschaftliches Gepräge sollen künftig im Mittelpunkte stehen,
sondern die Kulturzustände der Menschheit als das Produkt der geographischen
Lokalitäten: zur Kulturgeographie soll der gesamte erdkundliche Unterricht
ausgestaltet werden. Es soll dabei mehr als bisher zur Darstellung gelangen,
„was die Menschen unter Benutzung der natürlichen Verhältnisse an materiellen
und geistigen Kulturgütern erzeugt haben", also ihre Nahrung, Kleidung, Woh--
nuug, Rohproduktion und Industrie, ihr Handel und Verkehr, ihre Kunst,
Wissenschaft und Religion, ihr Staatsleben. Man will auf diese Weise die
Erde als das große Erziehungshaus des Menschengeschlechtes den Kindern
zum Verständnis bringen, den Forderungen des wirtschaftlichen und politischen
Lebens an den erdkundlichen Unterricht gerecht werden und im Schüler den Willen
wecken, später im Dienste des Vaterlandes und der ganzen Menschheit tätig zu
sein. Zwar ist schon bisher das kulturgeographische Moment im Unterricht nicht
unbeachtet geblieben; wenn aber aus diesen neuen Bestrebungen der Antrieb er-
wüchse, im Geiste des Kindes ein wahres und zugleich in den natürlichen Ver-
Hältnissen fest begründetes Bild der kulturellen Zustände in Heimat und Fremde
zu erzeugen, so würde damit ohne Zweifel dem erdkundlichen Unterricht ein
Bildungsstoff von hervorragendem Werte hinzugefügt, er würde in Wahrheit er-
ziehend und praktisch werden.
Da es nun für jede Schule in erster Linie darauf ankommt, die Schüler mit
dem materiellen und geistigen Besitzstande des eigenen Volkes bekannt zu machen,
um sie zu Mitarbeitern an seiner kulturellen Entwicklung und damit der ganzen
Menschheit heranzuziehen, da ferner die Gewandtheit zur rechten Erfassung
fremder Verhältnisse allein auf dem heimatlichen Boden gewonnen werden kann,
muß im erdkundlichen Unterricht Deutschland im Vordergrunde stehen und
eine allseitige und eingehende Behandlung erfahren. Die übrigen Länder Europas
und die außereuropäischen Erdteile dürfen im Interesse der Vollständigkeit des
Erdbildes im Kindesgeist, der weitreichenden Handelsbeziehungen Deutschlands und
der zum Bedürfnis gewordenen Weltpolitik unseres Vaterlandes nicht umgangen
werden, treten aber in dem Maße zurück, als ihre Bedeutung im „Konzert der
Mächte" und ihre Beziehungen zu Deutschland und zum Deutschtum abnehmen.
Aufgaben: Die Deutschen im Auslande. — Deutschlands wirtschaftliche Beziehungen
zum Auslande.
s 4.
Der Anfangs- und Ausgangspunkt des erdkundlichen Unterrichts.
Das in die Schule tretende Kind verfügt meist schon über einen ansehnlichen
Vorrat von Vorstellungen. Die wenig geschärfte Beobachtungsgabe ließ sie
aber noch nicht zur Klarheit sich hindurchringen. Auch Urteils- und Begriffs-
vermögen stehen erst in den Anfängen ihrer Entwicklung. Daher ist es die
Hauptaufgabe der ersten Schuljahre, das vorhandene Material, das der
unmittelbaren Umgebung des Kindes entstammt, zu ordnen, um auf diesem
Wege den festen Grund für alle weitere Geistesbildung zu gewinnen. Das Be¬