Full text: Allgemeine Erdkunde, ausgewählte Abschnitte aus der Länderkunde, Lesestoffe aus der geographischen Literatur (Teil 7)

Geographie der Lebewesen. 
Geographie der Lebewesen. 
A. Die Pflanzen- und Tierwelt. 
Alles Leben auf Erden hat das Bestreben, sich zu erhalten 
und zu vermehren. 
Daraus ergibt sich mit Naturnotwendigkeit die Wanderung und Ausbreitung 
der Lebewesen, die schließlich zur Allverbreitung des Lebens aus der Erde 
geführt hat. Die größten Tiefen, die man im Meere gemessen hat, sind 
bewohnt, es fehlt nicht'an Leben in den dunkelsten Höhlen, auf der Oberfläche 
des ewigen Schnees und in den Eiswüsten der Polarwelt und höher als alle 
Gipfel der Erde schwebt der Kondor, der Riese unter den Geiern. 
Mannigfache Einrichtungen und Umstände begünstigen die Verbreitung 
und Wanderung der Organismen; so 
1. die Ausbildung der tierischen und pflanzlichen Bewegungsorgane. 
Die Schwalben fliegen vom Polarkreise bis Ägypten; im Kapland hat man einen in 
Norddeutschland gezeichneten Storch geschossen: Störe und Lachse steigen zur Laichzeit 
aus dem Meere in die Flüsse und Bäche hinauf. Bei Pflanzen kann freilich von 
solcher Bewegung keine Rede sein; immerhin schleudern einige Pflanzen durch Ent- 
Wicklung elastischer Organe Samen oder ihre Sporen selbst fort und die Sporen der 
Algen schwärmen wie Tiere im Wasser umher; 
2. die Winde; in großem Maßstabe werden die Sporen von Flechten und 
Moosen und Pilzen sowie die Flugsamen mancher höheren Pflanzen durch die Luft 
geführt. Insekten werden durch Winde oft weit verschlagen; 
3. die Flüsse und Meere; die Flüsse führen die Pflanzen des Gebirges in 
die Ebene herab und das Meer verschlägt Samen und ganze Baumstämme an die 
entferntesten Küsten. Früchte und Hölzer aus Mejtfo sind an westeuropäischen Ländern, 
Fichtenstämme von den westindischen Inseln an den Azoren gestrandet. Ebenso sieht 
man auf schwimmenden Eisschollen die Bären und Wölfe des Nordens von Grönland 
nach Island oder gar bis Europa kommen; ganz allgemein verbreiten sich durch 
Strömungen und Wellenbewegungen die winzigen Eier und Jungen der Wassertiere; 
4. die Tiere; Vögel tragen in ihren Eingeweiden Samenkörner fort, die un- 
verdaut ihre Keimkraft nicht verloren haben. Auf Ceylon überläßt mau deu Elstern 
die Verbreitung des Zimtbaumes, auf Banda den Tauben die der Muskatnuß. 
Zahllos sind die Klettensamen, deren Verbreitung Weidetiere besorgen. — An die Füße 
der Wasservögel hängen sich Eier der Schnecken, Krebse und Fische, die von Teich 
zu Teich getragen werden; das große Heer der Schmarotzer wandert mit seinen 
Wohntieren; 
5. der Mensch, a) Seit Handel und Völkerverkehr in nie gekannter Aus- 
dehnnng die Weltteile verbinden, findet zwischen den entlegensten Ländern ein gewal- 
tiger absichtlicher Austausch der Erzeugnisse statt. So haben wir aus dem neuen 
Weltteil Amerika Kartoffeln, Mais und Tabak für unsere Getreide eingetauscht. Auch 
die bekanntesten Sträucher nnb Bäume unserer Gärten wie die Zier- 
pflanzen unserer Zimmer sind Fremdlinge aus den fernsten Himmelsstrichen. — 
Die ersten Seidenraupen brachten zwei Mönche im 6. Jahrhundert nach Europa, das 
Kamel wurde erst von den Arabern nach Nordafrika eingeführt. Viele unserer Haus- 
tiere stammen aus Asien und noch jetzt werden n. a. zur Zncht Pferde aus Arabien 
und Hühner aus China nach Europa gebracht.
	        
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