— 81 —
Der Wiesen- und Weidereichtum des Landes begünstigt eine be-
deutende Viehzucht. In dieser Richtung steht Bayern besonders
hinsichtlich der Rinderzucht hoch im Reiche da, während es sonst im
allgemeinen hinter dem Reichsdurchschnitt zurückbleibt. Am wenigsten
entwickelt — mit Ausschluß von Franken — ist die Schafzucht. Die
Rinderzucht blüht besonders in den Alpengegenden, wo sie meistens
nach Schweizer Art betrieben wird (Allgäuer Viehrasse und bayrischer
Fettkäse), ferner in der Oberpfalz nnd den angrenzenden Gebieten des
Fichtelaebiraes und Böhmerwaldes iWäldler Rasse) und in Mittelfranken
(Ansbacher Vieh).
Der Waldreichtum Bayerns — V3 der Bodenflüche ist wald¬
bedeckt — begünstigt einen ansehnlichen Wild st and. An eigenartigem
Wild sind die Gemsen in den Alpen, ferner Stein- und Schneehühner,
Auer-, Birk- und Haselhühner zu uennen, sowie der Biber des Donau-
gebiets, der indes immer seltener wird. — Sehr einträglich ist die
Fischerei, die an seltenen Fischen in den Flüssen Lachse und Forellen,
in den Seen Salblinge und Renken (Blaufelchen) liefert.
Die zweitwichtigste Nahrungsquelle der Bewohner Bayerns ist die
Industrie. Obwohl bereits im Mittelalter die Gewerbtätigkeit
vieler, heute bayrischer Bezirke vorteilhaft bekannt war, hat sich
doch erst in neuerer Zeit Bayerns Großgewerbe zu höherer Bedeutung
emporgeschwungen. Bei der nicht erheblichen Mineralproduktion des
Staates knüpft sich die Großindustrie insonderheit an die verkehrsreichen
größeren Stüdte und ist in den Berglandschaften als Gebirgsindnstrie
vertreten. Nürnberg ist besonders durch seine Messerschmiedewaren,
Spiel- uud Galauteriewaren, Drahtarbeiten, Strumpfwaren, Bleistift-
fabrikation und Lebkuchen berühmt. München ist ein Hauptplatz
für wissenschaftliche Instrumente, Geldschränke, Bahnwagen und Artikel
der Eisen- und Maschinenbranche. Die Textilindustrie steht be-
sonders in Augsburg (Baumwollengewebe) und Bamberg obenan:
die Flachs- und Hanfweberei befindet sich indes noch vorherrschend auf
dem Standpunkt der Hausindustrie und wird besonders anch in den
Gebirgsgegenden gepflegt. An sonstigen Zweigen der Gebirgs-
indnstrie sind die Schmelztiegel von Passau, die Schuhwaren und
Drechslerarbeiten von Oberammergau, die Marmorwaren von Unter-
stein bei Berchtesgaden uud die Saiteninstrumente von Mittenwald in
Oberbayern zu uennen. Die erste Stelle aber nimmt Bayern hin-
sichtlich der Bierbrauerei ein. Am großartigsten ist dieser Industrie-
zweig entwickelt in München, Nürnberg, Augsburg, Erlangen und Knlmbach.
Handel und Verkehr war bereits im Mittelalter sehr bedeut-
sam, wird durch günstige Bodenverhältnisse nnd Flußwasserstraßen
unterstützt und knüpft sich namentlich an die großen Knotenpunkte des
Eisenbahnnetzes, das überall zu großen Verbindungsstraßen ausgebaut
ist. Im S. ist München der Hanptknotenpunkt derselben, im N. Nürn¬
berg. Der Wert der Ausfuhr übersteigt den der Einfuhr. Hauptmarkt
für Getreide ist München, für Hopfen, Kurz- und Spielwaren Nürnberg,
für Spiegel Fürth, für Vieh Sonthofen im Algän. — Posten und
Telegraphen haben in Bayern eine von dem Reich unabhängige Landes-
Tromnau, Lehrbuch der Schulgeograpliie II.*** 6