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Sieöelungen.
Wüsten bilden gleichfalls hemmende Schranken im Völkerleben (Sahara und Arabien
einstige Grenzen des Römerreichs; heute trennt die Sahara hamiten und Sudanneger,
die RalahariwüsteBantuneger und Hottentotten-Buschmänner). Der Urwald bringt Völker-
bewegungen zum Stillstand (Zentralafrika, Sibirien, Mitteldeutschland zur Römerzeit).
Flüsse wurden als deutlich sichtbare Linien häufig als Grenzen benutzt (Rhein und
Donau unter den Römern, Loire und Garonne zur Römer-, Ebro, Lider, Raab, Gari-
gliano zur Rarolingerzeit; Elb-Saale-Linie zur Zeit der Slawenkämpfe), von Sumpf-
oder Geröllstreifen begleitete Flußläuse kommen noch heute als Staatsgrenzen in Betracht
(untere Donau, oberer Rhein). Dazu werden kleinere Flüsse gern für die Einteilung von
Verwaltungsbezirken benutzt (untere Havel zwischen den Provinzen Sachsen und Branden-
bürg). Bei größeren Strömen gelangen jedoch bald die verkehrsfördernden Ligen-
schaften zu ausschlaggebender Bedeutung (Flüsse als Leitlinien für Seeräuberfahrten der
Normannen und Entdeckungsreisen in Asien und Amerika; die Donau, die Lebensader
Österreich-Ungarns, der Rhein als Verbindungslinie zwischen Nord- und Süddeutschland),
fluch von Ufer zu Ufer spinnen sich verknüpfende Fäden, ja manche Städte wachsen über
den Strom hinüber (Mannheim-Ludwigshafen, Mainz-Rastel, Röln-Deutz; der Rhein
Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze).
vollends in Muldenländern (Mississippi-Becken, Böhmen, Rhonetal) bildet der Strom
das einigende Band der Uferlandschaften.
Die Meere waren ursprünglich das wirksamste Hindernis menschlicher Ausbreitung
(selbständige Entwicklung der Inselvölker, Maoris auf Neuseeland, Papuas, Japaner,
Engländer). Durch die Schiffahrt find sie zu Brücken zwischen den Erdteilen geworden
(Mittelmeer und Ostsee, geographische und geschichtliche Einheiten).
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Charakter, vielfach ist auch Art und Wesen des Menschen gleichsam nur der
vergeistigte Ausdruck des Landescharakters. Der Reichtum der Tropen verführt zu
Müßiggang und kindlichem Leichtsinn; die Erschlaffung zeigt sich auch im Mangel an
Stetigkeit und Planmäßigkeit, im handeln nach augenblicklichen Einfällen und zufälligen
Regungen. Ziemlich gleichmäßig beeinflussen Hochgebirge und Meer durch den steten
Kampf mit der Natur die Denkungsart der Menschen (Geistesgegenwart, Ausdauer und
Mut; Frömmigkeit, Hilfsbereitschaft und Gemeinschaftssinn; Stolz und Freiheitsdrang,
der sich im Verzweiflungskampfe der Gebirgs- und Rüstenvölker (Samniten, Schotten,
Tiroler, Schweizer, Raukasusvölker; Niederländer) äußert. Seefahrende Völker zeigen
im besonderen noch frische Unternehmungslust, Tatendrang, Wagemut und freiheitlichen
Sinn (die Athener im Gegensatz zu den schwerfälligen, rückständigen Spartanern, Eng-
länder, Japaner).
Auch die Wüste erfordert Mut, Tapferkeit und Willenskraft und steigert dadurch
das Selbstbewußtsein ihrer Bewohner zum Freiheitsdrang. Die Sorge um Schmälerung
der ohnehin kärglichen Lebensbedingungen erfüllt sie mit Mißtrauen und haß gegen
den Fremden, mit Mordlust und Grausamkeit. Das Zusammenleben mehrerer Familien
in enger Schneehütte fordert vom Eskimo Verträglichkeit, stets gefälligen und fried-
fertigen Sinn. Dürftigkeit des Bodens ist eine heilsame Schule für die Erziehung zu
beharrlicher Arbeit, Genügsamkeit und Sparsamkeit (Mark Brandenburg, Altkastilien).
Das Streben nach Überwindung des Raumes erklärt beim Amerikaner seine Freude