Full text: Länderkunde Europas (Teil 2)

B. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 1. Frankreich. 
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2. Das Becken der Loire. 
a) Natnrbcschaffenheit. Geologisch bildet es den südlichsten Teil des 
Pariser Beckens. Das Land an der mittlem Loire stellt eine einförmige, 
teils flache, teils hügelige Acker- und Weinbaulandschaft von sehr verschieden- 
wertigem Boden dar. Das Gebiet an der untern Loire ist von nur mäßiger 
Fruchtbarkeit. Die Bretagne zeigt auf den Hochflächen dürftigen Heide- 
boden, in den Tälern Wiesen und Wälder; an den buchtenreichen Küsten 
werden lohnender Fischfang und Schiffahrt betrieben. Die Loire hat fchwan- 
kenden Wasserstand; sie führt bei Hochwasser über 300 mal so viel Wasser 
als bei niedrigem Stande, richtet daher trotz der Deichbauten verheerende Über- 
schwemmungen an. Ihr Mittellauf ist infolge der Entwaldung der Berge 
stark versandet, so daß der Fluß erst durch Kauäle auf acht Neunteln seines 
Laufes wieder schiffbar gemacht werden mußte. Auch die größeren Neben- 
flüsse der Loire dienen dem Verkehr. 
b) Siedlungen. Der größte Teil des Loiregebietes gehört Westfrankreich, dem 
Hinterlande des Ozeans, an. Orleans (70) leidet trotz der Gunst seiner Lage an 
der wichtigen Straße von Paris nach Südwestfrankreich (Schlachten 1871) und trotz 
fruchtbarer Umgebung unter der Nähe von Paris, während Tours (75), der Obst- 
markt im „Garten Frankreichs", und das in einem Flachsbaugebiet liegende Le M ans 
(70) durch Webindustrie Aufschwung nehmen. Nantes (175) ist die drittgrößte 
Handelsstadt Frankreichs und der Ausgangspunkt des westindischen Verkehrs, der 
große Zuckerraffinerien hervorrief. Die Versandung des Flusses machte die Anlage 
des Vorhafens St. Nazaire (35) notwendig. In der von britischen Kelten be- 
siedelten Bretagne, die Frankreich die besten Seeleute stellt, ist Brest [braßt] (90) 
ein Kriegshafen mit großen Marinewerkstätten und ein bedeutender Handels- und 
Fischereihafen. Am Eintritt der Pariser Straße in die Aquitanische Pforte ent- 
wickelte sich Poitiers (40), der Schauplatz mancher Schlachten, zur Industriestadt. 
Der Hafen La Rochelle (35) entstand Inseln gegenüber südlich der Vendee. Der 
östliche, hügelige Teil der Vendee mit seinen von Hecken uud Laubbäumen um- 
säumten Feldern, Wegen und Wasserläufen ähnelt manchen Gegenden Schleswig- 
Holsteins, Belgiens und der Lombardei. 
3. Das Becken der Garonne. 
a) Naturbeschaffenheit. Die natürliche nordsüdliche Heerstraße der Senke 
von Poitiers stellt die Verbindung mit dem Loirebecken, die Senke des Canal 
du Midi, dessen Ausbau zu einem Großschiffahrtswege zwar längst geplant, aber 
noch immer nicht in Angriff genommen ist, die Verbindung mit dem Mittelmeer 
her. Der fruchtbare Boden längs der Garonne, eines tiefen und weithin schiff- 
baren Pyrenäenflusses, die jedoch — wenn auch weniger als die Loire — unter 
Wasserstandsfchwanknngen leidet, dient vorwiegend dem Weinbau. Die besten 
Weinsorten gedeihen auf der Halbinsel Medoc im W der Gironde. Die von 
zahlreichen Strandseen unterbrochenen Landes — Ablagerungen von Meeres- 
sand — hinter den aufgeforsteten Dünenrücken der Flachküste zwischen dem 
Westrande der Pyrenäen und der Mündung der Gironde gleichen der mär- 
tischen Kiefernwaldlandschaft, haben aber ausgedehntere und geschlossenere 
Wälder. Sie liefern jetzt Holz und Harz in Menge, während sie vor ihrer
	        
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