§ 140. Reisen, Verkehrsmittel und Postwesen.
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Dem Landhandel kamen die vortrefflichen römischen Strafsen sehr zu
Statten; die Schiffe beschränkten eich vorzugsweise auf das Mittelmeer. Die
Wälder Ober Italiens lieferten viel Holz, das auf Flöfsen (rates) auf dem Tiber
nach Ostia fuhr. — In Rom besorgten die Klein- und Detailkrämer (institor,
propola, caupo, letzteres Wirt und Krämer in einer Person) den Verschleifs
und hatten namentlich an den Marktplätzen ihre Verkaufsbuden (tabernae).
Dafs die römischen Kaufleute, welche mit den Heeren nach allen Teilen des
Reiches zogen und sich oft fest ansiedelten, Träger römischer Kultur wurden,
ist bekannt.
2. Börsengeschäft und Bankivesen (negotiatio im engeren Sinne).
Einerseits der Mangel an Gelegenheit, um sein Geld in frucht¬
bringender Weise auf Kapital zu legen, andererseits der Handel
mit den Nachbarstaaten, von denen jeder anderes Geld hatte,
machte schon frühe die Errichtung von Wechslergeschäften und
Banken nötig. Das Wechselgeschäft besorgten die nummularii
(mensarii), die entweder als Privatleute das Wechslergeschäft be¬
trieben oder als staatliche Miinzbeamte die Münzen prägten, die
neugeprägten in Umlauf setzten und fremde Münzsorten gegen rö¬
mischen Kurant umtauschten (permutare), auch Darlehen gaben
und Depositen annahmen. Dagegen sind die argentarii die eigent¬
lichen Bankiers, die Gelder gegen geringen Zins annahmen und
gegen höheren wieder ausliehen; es sind also Börsenmänner, die
mit Geld wucherten (fenerari).
Beide Geldhändler, die nummularii und argentarii, hatten ihre Kontore
(mensa) resp. Banken (argentaria) am Forum, besonders bei den drei Durch¬
gangsbogen (iani). Vgl. Hör. sat. 2, 3, 18 (postquam omnis res mea Ianum
ad medium fracta est) und ep. 1. 1, 54. Die besten Geschäfte machten die
Bankiers in den Provinzen. Das Geschäftsbuch (codex rationuni, Kalendarium)
enthielt die Namen der Darleiher und Entlehner. In Rom zinste man mo¬
natlich 1%j daher der Jahreszins 12% (fenus unciarium), in den Provinzen
zahlte man bis 20 °/0. Zinstage die Kalendae und Idus (Hör. sat. 1, 3, 87:
tristes Kalendae). Die ersten Bankiers waren wiederum die römischen
Ritter, die als publicani in den Provinzen schalteten.
B. Verkehrsleben.
§ 140. Reisen, Verkehrsmittel und Postwesen.
1. Man reiste im Altertume verhältnismäfsig viel und für den
Römer zumal gab es reichliche Veranlassungen zum Reisen: der
Krieger, der Beamte, der Handelsmann und Künstler, der reiche
Herr, der auf sein Landgut zog, alle reisten; die Zusammensetzung
des Reiches aus so verschiedenfachen Ländern führte einen grofsen
Teil der römischen Welt auf Reisen. Was das Landreisen sehr
erleichterte, war ein vortreffliches Strafsensystem und die grofse