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Aus der Zeit der Kämpfe um Verfassung und die deutsche Einheit. Bis 1850.
gibt sich Großes unter Ihnen. Dies ist, Sie fühlen es, kein gewöhnlicher
Prachtbau. Er ist das Werk des Brudersinns aller Deutschen, aller Be¬
kenntnisse. Wenn ich dies bedenke, so füllen sich Meine Augen mit Wonne-
tränen, und Ich danke Gott, diesen Tag zu erleben. Hier, rvo der Grund¬
stein liegt, dort mit jenen Türmen zugleich, sollen sich die schönsten Tore
der Welt erheben. Deutschland baut sie — so mögen sie für Deutsch¬
land durch Gottes Gnade, Tore einer neuen, großen, guten Zeit werden!
Alles Arge, Unrechte, Unwahre und darum Undeutsche bleibe fern von
ihnen. Nie finde diesen Weg der Ehre das ehrlose Untergraben der Einig¬
keit deutscher Fürsten und Völker, das Rütteln an dem Frieden der Kon¬
fessionen und Stände, nie ziehe jemals wieder der Geist hier ein, der einst
den Bau dieses Gotteshauses, ja den Bau des Vaterlandes hemmte!
Der Geist, der diese Tore baut, ist derselbe, der vor 29 Jahren unsere
Ketten brach, die Schmach des Vaterlandes, die Entfremdung dieses Users
wandte, derselbe Geist, der, gleichsam befruchtet von dem Segen des
scheidenden Vaters, des letzten der drei großen Fürsten 2), vor zwei Jahren
der Welt zeigte, daß er in ungeschwächter Jugendkraft da sei. Es ist
der Geist deutscher Einigkeit und Kraft. Ihm mögen die Kölner Dom¬
pforten Tore des herrlichsten Triumphes werden! Er baue! Er vollende!
Und das große Werk verkünde den spätesten Geschlechtern von einem durch
die Einigkeit seiner Fürsten und Völker großen, mächtigen, ja, den Frieden
der Welt unblutig erzwingenden Deutschland! — von einem durch die
Herrlichkeit des großen Vaterlandes und durch eigenes Gedeihen glücklichen
Preußen, von dem Brudersinne verschiedener Bekenntnisse, der inne ge¬
worden ist, daß sie Eins sind in dem einigen, göttlichen Haupte!
Der Dom von Köln, — das bitte ich von Gott — — rage über diese
Stadt, rage über Deutschland, über Zeiten, reich an Menschenfrieden, reich
an Gottesfrieden bis an das Ende der Tage! Meine Herren von Köln!
— Ihre Stadt ist durch diesen Bau hoch bevorrechtet vor allen Städten
Deutschlands, und sie selbst hat das auf das würdigste erkannt. Heute
gebührt ihr dies Selbstlob. Rufen Sie mit Mir — und unter diesem
Rufe will ich die Hammerschläge auf den Grundstein tun — rufen Sie
mit mir das tausendjährige Lob der Stadt: Alaaf Köln!
1) Am 4. September 1842 wurde, nachdem der Domverein geschaffen worden
und der König eine stattliche Summe aus Staatsmitteln für den Dombau gestiftet
hatte, der Grundstein zum Kölner Dom gelegt. — Am 15. Oktober 1880 ist in An¬
wesenheit Kaiser Wilhelms I. das Fest der Vollendung des Domes begangen worden.
2) Alexander V. starb 1825, Franz 1. 1835.