Amerika. 21
Infolge feiner Ausdehnung von N. nach S. hat Amerika an vier Zonen
Anteil und bringt demzufolge alle Produkte hervor von der Polar- bis zur
Tropenzone. In einzelnen Teilen Südamerikas, namentlich in den Selvas des
Amazonas, zeigt die Vegetation bei der dortigen Wasserfülle und der den Halb-
kontinent vom Atlantischen Ozean her überstreichenden feuchtwarmen Luftströmung
eine Üppigkeit und einen Reichtum wie fast nirgends in der Welt. Anffallend
ist dagegen, bnft die Neue Welt der Alten an Kulturpflanzen vergleichsweise wenig
geschenkt hat l Mais, Tabak, Gartenbohne, Kürbis, Kartoffel, Chinabaum und einiges
andere). Anderseits gedeihen die von der Alten Welt in Amerika eingeführten
Kulturpflanzen Weizen, Baumwollstaude, Kaffeebaum, Zuckerrohr) vorzüglich.
Dem Reichtum und der Üppigkeit des amerikanischen Pflanzenwuchses ent-
spricht der Reichtum an Tieren; zwar fehlen Amerika die großen Tiergestalten
der Alten Welt (Elefant, Kamel, Löwe, Tiger usw.), indes sind, besonders in
Südamerika, bei der großen Feuchtigkeit mancher Gebiete und den ausgedehnten
Waldungen die Vögel, Insekten und Reptilien reich vertreten. Dem Fortkommen
der aus der Alten Welt stammenden Haustiere, namentlich der Pferde und Rinder,
erweisen sich die natürlichen Verhältnisse Amerikas äußerst günstig.
Geradezu unerreicht ist Amerika hinsichtlich seiner Mineralschätze. Ganz
besonders birgt das westliche Hochgebirge in dieser Hinsicht unermeßliche Reich-
tümer an edlen und nützlichen Metallen (Gold, Silber ?c.). Aber auch die öst-
lichen Erhebungen der Alleghanies mit ihren reichen Petroleum-, Kohlen- und
Eisenlagern stehen den Anden und Cordilleren an Bedeutung nicht nach.
Folgen der günstigen geographischen Verhältnisse. Die außerordentliche
Gunst der geographischen Verhältnisse Amerikas hat alsbald nach dessen Ent-
deckung große Zugkraft auf die Völker Curopas ausgeübt. Insbesondere
wirkten die Fundstätten der Edelmetalle magnetisch. Schon Kolumbus träumte
bei seiner Ausfahrt nur von Gold, und im Banne der Goldsucht blieben alle
seine Nachfolger, die sog. Konquistadoren. Es waren vor allem die Spanier
die, von Golddurst getrieben, bte. reichen tropischen Gebiete Amerikas aufsuchten
und das ganze Land von Mexiko bis Chile sich unterwarfen, während die
Portugiesen Brasilien an sich rissen. Zwar sind all diese Kolonialgebiete
von ihren Mutterländern zu Beginn des vorigen Jahrhunderts abgefallen, aber
noch jetzt herrscht von Mexiko ab die spanische, bzw. portugiesische
Sprache und die katholische Religion.
Auch Nordamerika war bald das Ziel europäischer Seefahrten. Zunächst
hatten hier die Franzosen, somit wieder Romanen, an verschiedenen Stellen
festen Fuß gefaßt, besonders in der Gegend am Lorenzstrom, weshalb auch heute
noch I.1/2 Miß. Einw. Kanadas sich der französischen Sprache bedienen. Indes
gestaltete sich die Kolonisation dieses Halbkontinentes bald anders; seit der Schlacht
oon Quebec i. I. 1759, in welcher die Engländer über die Franzosen den Sieg
errangen, hatte Nordamerika aufgehört französisch zu sein. Mit den Eng-
ländern, denen sich später auch viele Deutsche zugesellten (5 Mill. Einwanderer),
verbreitete sich über Nordamerika germanisches Wesen und größtenteils auch
die protestantische Religion. Es ist somit in Amerika eine romanische nnd
eine germanische Kolonisation zu unterscheiden.