Full text: Leitfaden zur Geschichte des deutschen Volkes

I 
— 132 — 
schützen, zugleich um jenen nicht zu stark werden zu lassen. Um ihn 
dauernd an sich zu fesseln, versprach jedoch der Schwedenkönig im 
1656 Vertrage zu L a b i a u dem Kurfürsten, ihm Preußen frei von der 
Lehnsherrschaft, als souveränes Land, zu überliefern. Friedrich Wil¬ 
helm hielt um diese Zeit, in welche die Kaiserwahl Leopolds von 
Oesterreich fällt, treu zu diesem und dem Reichsvortheil, der von 
dem übermüthigen Karl X. ebenfalls verletzt wurde. Der neue Kai¬ 
ser söhnte ihn mit dem Polenkönig aus, der ihm nun im Vertrage 
1657 von Weh lau ebenfalls die Souveräuetät Preußens zusagte. Von 
nun an trat er zu den Feinden Karls X. Dieser hatte inzwischen 
1658 auch mit Dänemark einen Krieg begonnen, hatte von Schleswig 
aus einen Zug über die dänischen Inseln und zum Theil über das 
Eis des Beltes bis in das Herz von Seeland gemacht, und das kleine 
Reich zum Frieden gezwungen, den er aber bald nachher rechtswidrig 
brach. Nun traten auch England und Holland auf die Seite des 
unterdrückten Dänemarks. In dieser ganzen Zeit kämpften auch 
Friedrich Wilhelms Truppen in Jütland selbst und auf Fünen mit 
1660 für die Dänen. Durch einen vorzeitigen schnellen Tod entging KarlX. 
8.Mai 1660einer völligen Demüthigung; im Frieden von Oliva wurden die 
nordischen Angelegenheiten immer noch sehr Vortheilhaft für Schwe¬ 
den geordnet, Friedrich Wilhelm aber erhielt die völlige Unabhängig¬ 
keit (Souveräuetät) Preußens von Polen. 
§ 163. Brandenburg ein einheitlicher Staat. Nun wurde 
dem großen Kurfürsten eine Friedenszeit von zwölf Jahren zu Theil, 
während welcher er sein Heer noch mehr verstärkte, und es zu einem 
der schlagfertigsten Europa's machte. Ja er hielt eine kleine Kriegs¬ 
flotte auf der Ostsee, zum Schutze seiner Handelsschiffe, die bis 
Afrika und Amerika gingen, wo er kleine Kolonien^ründete. Sein 
Brandenburg gestaltete er zu einem wahren Staate um, während 
es bisher nur eine Vereinigung vieler einzelner kleiner Länder, jedes 
mit besonderer Verfassung und Leitung, gewesen war. Er brach zu 
diesem Ende den Trotz der adligen Stände in Cleve, in Branden¬ 
burg, besonders aber in Preußen, und richtete, wie es im Geiste des 
Zeitalters Ludwigs XIV. lag, die unumschränkte (absolute) Herrscher¬ 
gewalt auf, indem er durch eine neue Besteuerungsart, die sogenannte 
Accise, d. i. eine auf Lebensbedürfnisse und Handelsproducte ge¬ 
legte Steuer, sich der Geldbewilligung der Stände enthob. Indem 
er aber sonst streng gesetzlich verfuhr und alle Kräfte des Staates 
nicht zur Befriedigung seiner Herrschsucht und Eitelkeit, sondern zum 
Wohle des Ganzen verwandte, unterschied er sich aufs rühmlichste, 
von dem eitlen Götzen der Zeit.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.