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aus nicht weiter, sondern nach Hause zu seiner Mutter. Ich aber
warf noch einen sehnsuchtsvollen Blick in die Gegend hinein, die mir
noch immer so nahe und leicht erreichbar schien, wenn nur der kleine
Kerl hätte weiter gemocht, und kehrte dann mit ihm um. Eben
läutete die Abendglocke, als ich zun Hause meiner Eltern kam, die
Abendglocke, die uns Kindern immer ein Zeichen war, daß wir uns
zum gemeinsamen Gebet mit den Eltern und anderen Hausgenossen
versammeln sollten.
v. Schubert.
170. Das Hhufeisen.
Ein Bauersmann ging mit seinem Sohne Thomas über Feld.
„Sieh,“ sprach der Vater unterwegs, „da liegt ein Stück von einem
Hufeisen auf der Straße! Heb es auf und steck es ein!“
„Ei,“ sagte Thomas, ‚das ist ja nicht der Mühe wert, daß
man sich darum bücke!“
Der Vater hob das Eisen stillschweigend auf und schob es in
die Tasche. Im nächsten Dorfe verkaufte er es dem Schmiede für
einige Pfennige und kaufte für das Geld Kirschen.
Beide gingen weiter. Die Sonne schien sehr heiß. Weit und
breit war kein Haus, kein Baum und keine Quelle zu sehen, und
Thomas verschmachtete beinahe vor Durst.
Da ließ der Vater wie von ungefähr eine Kirsche fallen.
Thomas hob sie so begierig auf, als wäre sie Gold, und fuhr damit
sogleich dem Munde zu. Nach einiger Zeit ließ der Vater wieder
eine Kirsche fallen; Thomas bückte sich ebenso schnell danach. So
ließ der Vater ihn nach und nach alle Kirschen aufheben.
Als Thomas die letzte verzehrt hatte, wandte der Vater sich
lächelnd um und sprach: „Sieh, wenn du dich um das Hufeisen ein
einziges Mal hättest bücken mögen, so hättest du dich um die Kirschen
nicht so viele Male bücken müssen. Erkenne daraus, wie gut und
wahr das Sprüchlein ist:
Wer kleine Dinge nicht achten mag,
hat oft um kleinre Müh' und Plag'.“
Chr. v. Schmid.