Full text: Physische und politische Erdkunde der außerdeutschen Länder Europas und Amerikas (Teil 2)

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Die Zeit des Ringens um Verfassungen k. 
lution aus, welche zum Mißvergnügen für die Republikaner noch nicht 
zur Abschaffung des Königtums führte. Karl X. mußte zwar abdanken 
und floh vor der vom alten Revolutionshelden Lafayette geführten „Ex- 
rönighun peditionsarmee" nach England. Seine Entsagung zugunsten seines Enkels. 
1830 bis des Grafen von Chambord (des letzten Bourbons), für den er seinen 
1848. Vetter, den Sohn des Herzogs „Egalite", Ludwig Philipp von Or- 
leans als Generalstatthalter einsetzte, blieb ohne Beachtung. Die 
orleamstische Partei hatte bereits die Gewalt in dessen Hände gelegt. 
Am 7. August 1830 wählte ihn die Deputiertenkammer zum „König der 
Franzosen". Das „Bürgerkönigtum" trug als Kind der Revolution den 
Todeskeim in sich. 
§ 98. Die Wirkung der Sulireoolufion in andern kändern. Die 
jäh ausgekrochene Julirevolution löste auch ein unnatürliches Gebilde des 
Unabhän- Wiener Kongresses auf. Ohue Rücksicht aus die Geschichte, die Verschieden- 
Belgiens heit der Stämme nach Charakter, Konfession und wirtschaftlichen Jnter- 
1830. essen hatte der Wille der Großmächte Belgien dem Königreich der Nieder- 
lande zugeteilt, dessen Regierung durch ungerechte Behandlung die Be- 
völkernng der südlichen Lande in ihren heiligsten Gefühlen verletzte. So 
fchnf sie sich eine starke Opposition in dem ungewöhnlichen Bunde der 
belgischen Liberalen und Klerikalen, dessen Einigkeit Belgiens Freiheit be- 
gründete. Bei der Aussühruug der „Stummen von Portici" am Gebnrts- 
tag des Königs Wilhelm am 25. August 1830 brach in Brüssel der 
Aufstand aus. Im Felde unterlagen die Truppen der Aufständischen den 
Holländern. Doch traten die Großmächte für die Unterdrückten ein und er- 
kannten die Unabhängigkeit Belgiens an, dessen Nationalkongreß den Prinzen 
Leopold von Kobnrg zum König wählte (1831—1865). Holland fügte 
sich erst, als die Engländer und Franzosen den Belgiern zu Hilfe kamen. 
Revolution Auch in dem sog. Kongreß-Polen hatte die Strenge des Kaisers 
in ^0tm' Nikolaus I. und seines Bruders Konstantin, der als Militärgouverneur 
in Warschau die Herrschaft übte, eine starke Unzufriedenheit erzeugt, die 
zu offener Empörung (am 29. November 1830) führte. Uneinigkeit 
schwächte die Polen, die nach mehreren Siegen schließlich bei Ostrolenka 
(am Narew) dem General Diebitsch (26. Mai 1831) unterlagen. Als 
Diebitsch an der damals in Europa grassierenden Cholera gestorben war, 
rückte Paskiewitsch gegen Warschau, welches ein Schauplatz rohester Ge¬ 
walttaten war. Nach tapferem Widerstande ergaben sich die Verteidiger. 
Das Land wurde nun durch das „organische Statut" (1832) eine russi¬ 
sche Provinz mit eigener, barbarisch harter Verwaltung, welche eine Menge 
Polen ins Ausland trieb und doch von neuen Verschwörungen nicht abschreckte. 
Italien und Unruhen in italienischen Staaten wurden von österreichischen 
die Schweiz, kuppen unterdrückt und niedergehalten. Aus Eifersucht gegen Österreich 
besetzte Frankreich Ancona (1832.—1838). Während ein Teil der ita- 
lienifchen Patrioten, so namentlich Vincenzo Gioberti und Antonio Ros-
	        
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