Otto I. — Schlacht auf dem Lechfelde (955).
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ten und sie von lauter Harnischen und Schwertern leuchten sahen, ward
ihnen plötzlich Botschaft, daß der König mit dem deutschen Heerbann wider
sie aufs Lechfeld herangezogen sei; das breitet sich zwischen dem Lech und
der Wertach zehn Wegstunden lang aus. Da mochten die Ungarn vor
Kampflust nicht länger vor Augsburg liegen bleiben und ritten dem König
entgegen an den Lech. Schnell zogen nun auch die Augsburger mit dem
Bischof Ulrich zu dem Heerbann hinaus. Der König theilte denselben in
acht Haufen: drei davon waren lauter Baiern, die führte Graf Eberhard
von Sempt und Ebersberg an (weil der Herzog Heinrich krank lag), den
vierten Haufen bildetet: die Franken, cm ihrer Spitze stand Herzog Konrad,
der voll Scham über seinen Verrath war und vor Begier brannte, ihn
durch einen ehrlichen Tod in der Schlacht zu büßen; der fünfte Haufe be¬
stand aus den edelsten Kampfhelden des ganzen Heeres, der König selbst
war ihr Vorfechter und vor ihm her flog der Erzengel Michael, wie vor
seinem Vater bei Merseburg; den sechsten und siebenten Haufen bildeten
die Schwaben mit ihrem Herzog Burkhard und den achten die Böhmen; —
alle diese Völker schwuren sich unter einander Treu' und Hülfe wie leibliche
Brüder. Das war am 9ten August 955. Wie nun die Ungarn das deut¬
sche Heer in Schlachtordnung erblickten, schwammen sie, voll Ungeduld, auf
ihren Rossen durch den Lech ans linke Ufer; dort umringten sie die Schlacht¬
ordnung der Deutschen und warfen sich plötzlich mit wildem Geheul auf
die Böhmen. Diese hielten den Pfeilregen nicht lange aus, flohen und
überließen voll Schrecken den Ungarn den Troß. Da brachen die Sieger
schnell auch auf die Schwaben los, welche sich mannhaft wehrten, aber end¬
lich dennoch weichen mußten. Wie der König diese große Gefahr sah,
winkte er dem Herzog Konrad von Franken; wie ein gereizter Löwe sprang
dieser den Ungarn entgegen, warf sie zurück, befreite alle Deutschen, welche
sie gefangen hatten, und brachte sie dem König. Am andern Morgen (es
war der Festtag des heiligen Laurentius) betete der König inbrünstig zu
Gott und gelobte, wenn Christus ihm die Feinde des Glaubens und des
Vaterlandes überwinden helfe, dem heiligen Laurentius ein Bisthum in
Merseburg zu stiften. Dann las der Bischof Ulrich dem Heer die Messe
und reichte dem knieenden König den Leib des Herrn. Wie sich Otto wie¬
der erhoben, sprach er zu den Deutschen: „Seht um euch! Zahllos sind
die Häufender Heiden, aber mit uns ist der mächtigste Helfer, Christus
mit seinen Schaaren. So laßt uns aushalten und lieber sterben, als wei¬
chen. Doch wozu viel Worte? Statt der Zunge rede das Schwert!"
Hoch zu Roß, den Schild am Arm, die heilige Lanze schwingend, sprengt
er jetzt, im Glanz der Morgensonne, seinen Deutschen voran. Nun beginnt
die Schlacht. Unwiderstehlich rückt das deutsche Heer, Mann an Mann,
gegen die Ungarn heran; vor deutscher Einigkeit und deutscher Begeisterung
wird ihr blinder Ungestüm zu Schanden. Schon weichen sie auseinander;
um so heißer wird ihre Wuth; viele deutsche Helden müssen sie büßen.
Da sinken Graf Theobald (der Bruder des Bischofs Ulrich) und sein Vet¬
ter Reginald; Herzog Konrad von Franken löst sich in der Hitze den Helm
los, da trifft ihn ein Pfeil in die Kehle, und so löst ihn der Tod von
seiner Schuld. Wie nun die Ungar-Haufen zersprengt werden, schreiten
die Deutschen über die, welche noch widerstehn wollen, zermalmend hinweg.
Jetzt wird die Verwirrung der Ungarn allgemein, ihr Entsetzen wächst; die
weite Ebene wimmelt von Flüchtlingen; die Deutschen über sie herein, wie
der Zorn Gottes! Heulend sprengen die Ungarn in den Lech, aber der ist