Full text: Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde

liefern könnten, wenn man jene Vorsicht walten läßt, von der ich eben 
gesprochen. 
Baumwollfelder, deren mannshohe Stauden mit zahlreichen Kapseln 
einer überaus feinen, langstapeligen Baumwolle behangen waren, lieferten 
den Beweis, daß diese für Ostafrika in Zukunft wohl wichtigste Kulturpflanze 
im Rufiiital eine sachgemäße Pflege sicherlich lohnen würde. 
Die Reisfelder der Eingeborenen, die wir mehrfach passierten, waren 
längst abgeerntet; aber die Strohbüschel, die noch aus den jetzt hart ge- 
wordenen, zur Regenzeit wohl tief aufgeweichten Böden mehr als meterhoch 
emporragten, zeigten, daß anch jene wertvollste Getreideart, von der noch 
immer große Quantitäten zur Eruähruug der Bevölkerung vom Ausland 
eingeführt werden müssen, hier im Überschwemmungsgebiet des Rnsiji vor¬ 
züglich gedeiht. Auch soll die Güte des gewonnenen Korns ebenso wie am 
Oberlauf des Stromes, wo besonders ausgedehnte Reiskultureu am Süd- 
abHange der Uheheberge vorhanden sind, eine ganz hervorragende sein, so 
daß die in bezug auf Reis als Feinschmecker ersten Ranges bekannten Inder 
den dort gewonnenen Qualitäten, wie mir Herr John-Booth bestätigte, den 
Vorzug vor alleu anderen Reisarten geben. Auch diesen Fingerzeig sollte 
man benutzen, wenn man, hoffentlich recht bald, daran geht, diese weit ans- 
gedehnten, fruchtbaren Prärien in europäischen Großkulturen zur Förde- 
rung der Kolonie nutzbar zu machen. Daß Mais und Bohnen, Hirse und 
süße Kartoffeln da, wo Reis nnd Zuckerrohr wachsen, ebenso üppig ge- 
diehen, ist wohl selbstverständlich. Auch kleine Tabakfelder waren in der 
Nähe der Dörfer nicht selten. Die Blätter ihrer Stauden zeigten eine un- 
gewöhnliche Größe, und für den nicht verwöhnten Geschmack der Neger soll 
auch die Qualität vollauf genügen, so daß gute Preise dafür erzielt werden. 
Der Mais liefert zum mindesten zwei Ernten im Jahre, kann aber anch, 
wie es gerade in letzter Zeit geschehen ist, durch vorzeitig eintretende Über- 
schwemmungen leicht vernichtet werden. 
Mit solchen Gefahren für die Kulturen hat man aber allenthalben, 
zum Teil auch iu deu alten Kulturländer» Europas, zu rechneu und wird 
darum nicht gleich jeden Kulturversuch für aussichtslos erklären können. 
Die tief in den jetzt hart gewordenen, schlammigen Lehmboden der 
Reisfelder eingetretenen Fährten der Nilpferde, sowie die Wühlarbeit der 
Wildschweine zeigten auch, daß neben dem Elemente die tierischen Feinde 
der Kulturen mit iu Rechnuug gezogen werden müssen, und fast bei jeder 
größeren Reisschambe waren auf hohen Stangen Wächtersitze errichtet, von 
denen aus die Eingeborenen die gefährlichen Verwüster ihrer Kulturen zu 
verscheuchen uud ihren Besitz auch sonst gegen räuberische Angriffe zu ver- 
teidigeu suchen. 
Für das Abschießen der zahlreichen Flußpferde waren die Eingeborenen 
den Europäern besonders dankbar, uud den Kampf gegen die Wildschweine 
beginnt die Regierung jetzt systematisch auszunehmen, wie ich später in Usam- 
bara bestätigt fand. 
Wie weit die Überschwemmungsgefahren während der großen Regenzeit 
den Aufenthalt in diesen Niederungsgebieten dauernd gestatten, konnte ich 
nicht ermitteln; aber, da der Strom zwischen 3—4 und mehr Meter hohen, 
steilen Uferwänden schnell hinflntet und das ganze Tal ein verhältnismäßig 
starkes Gefälle zum Meere hat, so darf man wohl annehmen, daß die
	        
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