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malern aus der Pharaonenzeit die Tribute des Sudan nach Ägypten bringen
sehen. Unweit des Hafens erhebt sich ein stattliches Museum, in dem sich
die Denkmäler aus alter Zeit gemäß den höchsten Anforderungen der Wissen¬
schaft des Abendlandes aufgestellt finden, und von allen Ägyptern, die an
dieser Anstalt vorüberziehen, werden sich unter hundert kaum drei finden,
die ihr eigenes Lebensalter anzugeben oder dir gar zu sageu vermögen, ob
der Pharao — denn mit diesem Namen bezeichnet er die gesamte Reihe
der vorchristlichen Beherrscher seiner Heimat — vor dreihundert oder drei-
tausend Jahren gelebt habe. Und doch! Mitten unter diesen Unwissenden
wird nach Wissen und Erkenntnis gerungen! Ju jenem großen Gebäude
zu Bulak ziehen seine ägyptische Hände die mit arabischen Typen sorgfältig
gedruckten Bogen gelehrter muslimischer Werke aus europäischen Schnell¬
pressen. Wenden wir der „Staatsdruckerei" uud dem Hafenorte den Rücken,
und kehren wir zu dem eigentlichen Kairo zurück, so werdeu wir in den
Höfen der Universitäts-Moschee el-Ashar mehr Studierende finden als in
irgendeiner Hochschule des Abendlandes.
Wie em Mosaikgemälde von Gegensätzen erscheint diese merkwürdige
Stadt. Heute trägt noch des Bildes Untergrund die Farbe des Orients;
aber eiue morgenländische Figur nach der andern wird von einer abend-
ländischen verdrängt, und wer Kairo als Zentralstätte des orientalischen
Lebens kennen zu lernen wünscht, der darf wahrlich nicht säumen!
III. Kamerun.
(„Kamerun." sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen. Von Hans
Dominik, Oberleutnant. Mit 26 Tafeln und 51 Abbildungen im Text sowie einer
Übersichtskarte. Berlin, 1901, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuch-
Handlung, Kochstraße 68—71. 315 Seiten, 12,50 Mark. S. 27—28, 30—31, 46, 54,
76, 270, 282—283.)
(1. Am Kameruufluß.) Die europäischen Niederlassungen liegen
am Kamerunfluß, weil er den Haupthandelsweg abgibt. Dicht hinter den
Faktoreien sind die stark bevölkerten Dnalla-Dörser gelegen. So kommt es,
daß das Gelände knapp bemessen ist und sich die Wohnhäuser für die
Augeftellteu sowie die Warenhäuser eng zusammendrängen. Nur hier und
da hat man die Wohnhäuser auf das Plateau verlegt uud das niedrige
Gelände nur für die Warenhäuser verwaudt, eine Einrichtung, die auch in
gesundheitlicher Beziehung empfehlenswert ist. Besonders stattlich nahm sich
das noch neuerbaute, aus Pfeilern ruhende Gebäude der Hauptagentur von
C. Woermann in Aquadorf aus. Ist nun die Joß-Platte, auf der sämt-
liche Regierungszwecken dienende Gebäude mit Ausnahme der Schule liegen,
mit ausgedehnten Parkanlagen versehen, in deren Mittelpunkt das Gou-
vernementsgebände liegt, so sind die sich daran schließenden großen Dualla-
Dörfer Tokoto, Joß, Bell, Aqua und Didotown mit ihren langen, nnregel-
mäßigen Häuserreihen mehr oder weniger der Sonne preisgegeben. Breite,
sanber gehaltene Kieswege, vielfach bepflanzt mit Mango- und Brotfrucht-
bäumen, begrenzen die einzelnen Abteilungen des Gonvernementsparks, in
dem noch mächtige Baumwollbäume, schlanke Öl- und Kokospalmen uud
zahlreiches Bambusgesträuch als Repräsentanten des früheren Zuftaudes
stehen. In den Dualla-Dörferu, mit Ausnahme einiger weniger Straßen,