Full text: Mittel- und Norddeutschland (Teil 2)

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meist nach Hamburg und Celle, vou wo aus Großkaufleute den weitern Versand 
besorgen. 
Eine wichtige Einnahmequelle für die ärmeren Bewohner der Heide bildet 
das Sammeln der Heidel- und Preiselbeeren, die in manchen Teilen in 
ungeheurer Menge vorkommen. In guten Jahren soll damit ein Gewinn von 
100000 Jio erzielt werden. 
Am s. Rande der Heide wie auch au einigen Stellen innerhalb des Gebiets 
gibt es große Moore, die wertvolle Torslager enthalten. Beim Abgraben 
derselben sind mehrere tausend Menschen beschäftigt. Der dort gestochene Torf 
wird in großen Mengen ausgeführt, besonders nach Hamburg und Hannover, 
wo er als Brennstoff und als Stren benutzt wird. (Näheres S. 165.) 
Seit einigen Jahren wird in der Heide auch Petroleum gewonnen. Die 
Erträge siud bisher allerdings noch gering gewesen. Doch berechtigen zahlreiche 
neuere Bohrungen zu guten Hoffnungen. Das ergiebigste Bohrloch ist 347 m 
tief und geht durch zwei ölhaltige Schichten hindurch. Das Petroleum der 
oberen Schicht, die bei 60 m Tiefe beginnt und bis 200 m hinabreicht, ist 
dunkel, schwer, arm an Brennöl, aber reich an wertvollen Schmierölen. Das 
der unteren Schicht, die 150 in tiefer liegt, ist leichter, heller, von grünlicher 
Farbe und enthält 23,5 °/0 Brennöl, 50—60 °/0 Schmieröl, 10—13 °/0 Benzin 
und 3,5 °/0 Paraffin. Der Rest, etwa 10 °/0, wird zu Asphalt verarbeitet. Im 
Jahre 1903 waren 56 Bohrlöcher im Betrieb, die zusammen täglich etwa 700 Faß 
lieferten. Der Hauptgewinnungsort ist die Gegend des Dörfchens Wietze an 
der Wietze, einem Nebenflüßchen der Aller. Die Petroleumeiufuhr Deutschlands 
betrug im Jahre 1902 — 72 Mill. Jk „Sollte die Lüneburger Heide davon 
in Zukunft auch nur einen Teil zu deckeu vermögen, so würde das vielgeschmähte 
Stieskind der Natur zum Schoßkind des Deutscheu Reiches werden." 
Die Lüneburger Heide hat in neuerer Zeit begeisterte Lobredner gefunden, die ihre 
eigenartigen Schönheiten nicht genug zu rühmen wissen und ihren bevorstehenden Unter- 
gang darum sehr bedauern. „Man kann sich kaum eine Gegend denken mit solcher Fülle von 
Reizen wie die Heide. Fernblicke, die sich au Weite mit den höchsten Punkten des Hoch- 
gebirges messen können, Wiesen, wie sie saftiger kaum in Holstein zu finden sind, herrliche 
Wälder, die sich getrost neben denen des Thüriuger und des Schwarzwaldes sehen lassen 
können, klare, fischreiche Flüßchen, das alles hat die Heide in Hülle und Fülle. Und doch 
besteht in diesem wahrlich schon beneidenswerten Besitze nicht ihr Hauptreiz, nicht einmal 
ihr eigentlicher Reiz. Diesen zu analysieren, dürfte schwerlich gelingen, denn er besteht 
wesentlich in der Stimmung, die aber charakteristisch ist für die Heide und sonst nirgends 
vorkommt. Ein wellenförmiges Gelände, fast nirgends so flach, daß es langweilig wird, 
und nirgends so unruhig, daß es dem Blicke zu viel Geheimnisse verschleiert, gibt der 
Heide den Eindruck der Großartigkeit, wie ihn nur das Meer bietet, der aber hier durch 
die Ruhe der Formen vergrößert und vertieft wird. Blüht das Heidekraut, so leuchtet es 
weithin in einem purpurnen Feuer, das sanft ist und doch zugleich mahnt an die Farben- 
Pracht südlicher Gegenden. Blüht die Heide nicht, dann ist alles bedeckt von einem eigen- 
artigen grünbraunen Samt, der zu dem Eindrucke der Großartigkeit noch den des düsteren 
Ernstes hinzufügt.
	        
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