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europäischen Produktion, 181 t i. I. 1904. Das meiste Silber findet sich im Oberharze,
im Mansfelder Bezirk und im Erzgebirge. Infolge der großen Silberproduktion in der
Union (1700 t), in Mexiko (2200 t), in Peru, Bolivia und Chile sind die Silberpreise so
gesunken, daß der Abbau in Deutschland mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und
z. T. nicht mehr lohnt. (S. 91 u. 109.) Vou Bedeutung ist der Bergbau auf Nickel.
Bis in die Mitte der siebziger Jahre stand Deutschland mit einer Ausbeute von 500 t
an der Spitze aller Länder. Später ist es durch Neu-Kaledouien, die Union und Kanada
sehr iu den Hintergrund gedrängt worden. (Weltproduktion 1900 = 8300 t.) Die
wichtigsten Fundstätten liegen in der Gegend von Koblenz, von Merseburg und im Erz-
gebirge. Gold (1904 = 97 kg), Quecksilber, Arsenik, Wismut usw. werden in
Deutschland nur in unbedeutenden Mengen gewonnen.
Außerordentlich groß ist der Reichtum Deutschlands an Kochsalz. Nur Groß-
britaunien hat eine größere Produktion aufzuweisen. 1903 wurden 1,1 Mill. t Stein¬
salz und 598000 t Siedesalz gewonnen. Zur Zeit sind 16 Salzbergwerke und 71
Salinen in Betrieb. Die Hauptausbeute liefern das n. und ö. Vorland des Harzes
(Staßfurt, Leopoldshall, Halle, Schönebeck), Posen (Hohensalza), Hannover (Lüneburg),
Württemberg (Hall und Heilbronn), Lothringen und Bayern (Reichenhall und Berchtes-
gaden). Die Ausfuhr an Kochsalz betrug 1904 350000 t im Werte von 31/2 Mill. J6,
die Einfuhr nur 19000 t. Einen sehr wertvollen Schatz hat Deutschland an seinen
Abraumsalzen, über die an andrer Stelle schon das Nötige gesagt ist. (S. 95.)
Industrie. Obgleich Deutschland von alters her auf dem Gebiete des
Gewerbefleißes eine lebhafte Tätigkeit entfaltet hat, bildete doch noch bis vor
einem halben Jahrhundert die Landwirtschaft die weitaus wichtigste Erwerbs-
quelle, aus der 3/4 und mehr seiner Bewohner ihren Unterhalt gewannen. Das
hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr geändert. (S. 269.)
Deutschland ist jetzt einer der ersten Industriestaaten der Erde und steht an
Menge und Wert der Erzeugnisse nur hinter England und der Union zurück,
die es aber in einzelnen Zweigen des Gewerbes übertrifft. Diese rasche
industrielle Entwicklung war für Deutschland zur Notwendigkeit geworden, da
die Erträge der Landwirtschaft nicht mehr ausreichten, die stark anwachsende
Bevölkerung zu ernähren. Was Deutschland an Geld für Nahrungsmittel ans
Ausland zahlt, muß es durch die Ausfuhr von Jndustrieerzeugnissen wieder
erwerben. „Deutschland muß exportieren oder untergehen", hat mit Recht ein
Ausländer gesagt. Doch hat es immerhin an seiner Landwirtschaft noch einen
besseren Rückhalt als Belgien und England, da es nur eine Getreidezufuhr für
etwa 30 Tage im Jahre nötig hat, während jene Länder deren für 100 und
220 Tage bedürfen. Daß aber die deutsche Industrie sich zu solcher Höhe hat
entwickeln können, war nur möglich, weil im Lande selbst die Grundbedingungen
dafür, eine Fülle von Bodenschätzen und Rohprodukten, vor allem Kohlen und
Eisen, vorhanden sind. Dazu kommt in den Gebirgsgegenden noch die Menge
der nutzbaren Wasserkräfte, die in letzter Zeit dnrch ihre Verwendung znr Er-
zengung von Elektrizität noch erhöhte Bedeutung gewonnen haben, und im
allgemeinen die günstige Verkehrslage Deutschlands, die den Güteraustausch mit
andern Ländern erleichtert. Nicht vergessen werden aber darf endlich der rege