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b. Südeuropa.
VI. Die Mlkanhaköinsel?)
(496000 qkm, 20,25 Mill. E., 44 auf 1 qkm).
1. Übersicht.
Lage, Begrenzung. Die Balkanhalbinsel, die ö. unter den drei großen
Halbinseln Südeuropas, hängt in einer Breite von 1200 km mit dem Rumpfe
des Erdteils zusammen. Während die beiden andern, Italien und Spanien,
durch hohe Gebirge deutlich von diesem abgegliedert sind, fehlt bei der Balkan¬
halbinsel eine solche Naturscheide. Gewöhnlich betrachtet man die Ebenen an
der Save und der Donau als Grenze; aber an zwei Stellen streichen Gebirge
des Festlandes, die Alpen und die Karpaten, zur Halbinsel hinüber. Ihren
Umrissen nach gliedert sich diese wieder in einen n. breiten und einen s.
schmäleren Teil, die reichgegliederte Griechische Halbinsel.
Die Grenzen sind im W. das Adriatische und das Jonische Meer.
An der Verengung zwischen beiden, der Straße von Otranto, nähert sich
Italien bis auf 70 km. Die Küste zeigt eine doppelte Knickung: sie hat zu¬
erst sö., dann s., darauf wieder sö. Richtung. Im S. flutet das offene Mittel-
meer. An der Ostseite liegen das inselreiche Ägäische und das Schwarze
Meer. Zwischen beiden tritt die Halbinsel dicht an Kleinasien heran. Nur
zwei schmale Meeresstraßen, der Hellespont und der Bosporus, und zwischen
beiden das kleine Marmarameer scheiden hier Europa und Asien.
Die Halbinsel erstreckt sich durch 9 Breitengrade (36—45 °), mißt also in ns.
Richtung, von der Donau bis zum Vorgebirge Matapan, rund 1000 km. Der westlichste
Punkt, Fiume, liegt unter dem Meridian von Stettin (141/2 °), der östlichste, Konstantinopel,
etwas westlich von Petersburg (29 °), während Athen gleiche Länge mit Riga, Belgrad mit
Königsberg hat. Die wö. Ausdehnung, die an der Donau-Savelinie 1200 km beträgt,
geht auf dem 42. Breitenkreise auf 750, in Griechenland auf 200 und weniger km zurück.
Bodengestalt. Die Halbinsel ist durchweg gebirgig. Das Tiefland nimmt
*) Der Name Balkanhalbinsel wird von einigen neueren Geographen verworfen, weil
der Balkan für den Aufbau des Landes von untergeordneter Bedeutung sei und ihm auch
nicht, wie den Pyrenäen für Spanien, die Rolle eines Scheidegebirges zukomme. Dafür
hat man andre, auf die Geschichte und Bevölkerung der Halbinsel hindeutende Namen, wie
Türkisch-Grüchische, Oströmische, Jllyrische, oder allgemeine Bezeichnungen, wie Südost¬
europäische Halbinsel, vorgeschlagen. „Aber jene Bezeichnungen", bemerkt Hettner mit Recht,
„sind mindestens ebenso einseitig und irreführend, diese ist zu umständlich und farblos, als
daß sie allgemeinen Eingang finden könnte". Zudem empfiehlt sich die Beibehaltung des
Namens auch, weil die beiden andern südeuropäischen Halbinseln gleichartig gebildete Be¬
zeichnungen tragen (Apenninen-, Pyrenäenhalbinsel) und der Name Balkan außerdem mit
andern, die Verhältnisse der Halbinsel betreffenden Begriffen eng verknüpft ist (Balkanstaaten,
Balkanwirren).