Full text: Die außereuropäischen Erdteile und die deutschen Schutzgebiete (Teil 4)

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Knüppel, mit dem man nach Wurzeln, Knollen und Insekten gräbt. Als Gefäße benutzt 
man Muscheln, mit Harz dichtgemachte Menschenschädel, Schildkrötengehäuse, ausgehöhlte 
Holzstücke und Baumrinden. Außerdem werden aus Stengeln, Blättern und Fasern Körbchen, 
Taschen und Fischnetze geknüpft. 
Als Waffen dienen schmale, aus Holz oder Rinde verfertigte Schilde, Holz- 
keulen, Steinbeile, Speere, deren Spitzen im Feuer gehärtet oder mit scharfen Kieseln 
versehen sind, und ein eigentümliches Wurfholz, der B um er an g. Dieses Werkzeug ist die ge- 
fährlichste Waffe der Australier und ihre ureigenste Erfindung, da man es sonst nirgends 
auf der Welt gefunden hat. Der Bumerang ist ein schwach sichel- oder kniesörmig ge- 
gebogenes, flaches, glattes Holzstück von 60—100 cm Länge. Er hat die merkwürdige 
Eigentümlichkeit, daß er, geschickt geworfen, wieder zu seinem Ausgangspunkte zurückkehrt, 
wobei er sich mit großer Schnelligkeit wie um einen Zapfen dreht, eine elliptische, all- 
mählich zu bedeutender Höhe ansteigende und dann sich in gleicher Weise wieder senkende 
Flugbahn beschreibt. Wenn er sein Ziel trifft, fällt er natürlich zu Boden. „Ein er- 
fahrener Werfer kann dieser Waffe fast jede beliebige Wendung geben; zur Verstärkung des 
Schlages wird sie indessen gewöhnlich flach gegen den Erdbaden geschleudert, von dem sie 
abprallt und sich zu bedeutender Höhe erhebt. Die Eingeborenen sind imstande, mit dem 
Bumerang Vögel oder kleinere Säugetiere bis zu der bedeutenden Entfernung von ungefähr 
200 Schritt zu erlegen. Im Kriege ist diese Waffe besonders dadurch gefährlich, daß es 
fast unmöglich ist, in dem Augenblicke, in welchem man sie in der Luft erblickt, zu beur- 
teilen, welchen Weg sie nehmen oder wo sie niederschlagen wird" (Ratzel). Merkwürdig ist, 
daß Bogen und Pfeile, die man sonst bei allen Wilden findet, nur bei einigen Stämmen 
im N.-O. bekannt sind, die sie wahrscheinlich von den Papuas entlehnt haben. 
Von Religion ist bei den Australiern wenig vorhanden. Götterverehrung, Opfer 
und Gebet sind unbekannt. Dagegen besteht allgemein der Glaube an gute und böse Geister, 
die man sür die Seelen der Verstorbenen hält. Die ersteren werden wenig beachtet; die 
Dämonen aber, die des Nachts ihr Wesen treiben, sind sehr gefürchtet. Das wirksamste 
Mittel gegen sie ist das Feuer, das man daher auch des Nachts nie erlöschen läßt. Hohes 
Ansehen genießen die Zauberer, von denen man glaubt, daß sie Geister bannen, Kranke 
gesund und Gesunde krank machen können. 
Die eingewanderte Bevölkerung (4,7 Mill.) ist zu fast 96 °/0 britischer 
Herkunft; den Rest bilden Deutsche (etwa 100 000), andre Europäer, Chinesen 
(28000), Japaner (3500), Jndier (3300), Polynesier (Kanaken 2000) und 
Malaien (1100). Ungefähr 70 v. H. bekennen sich zum evangelischen Glauben, 
25 v. H. sind katholisch. 
Australien ist der zuletzt bekannt gewordene Erdteil. Seine ersten Entdecker waren 
die Holländer zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Die niedrige Kultur der Eingeborenen,, 
die geringwertige Tier- und Pflanzenwelt wie das ungünstige Klima waren aber so wenig 
verlockend, daß man weder Niederlassungen gründete, noch Handelsbeziehungen anknüpfte. 
1770 entdeckte der englische Weltumsegler Cook (kuck) die begünstiglere Ostküste, die er, da 
sie ihm der Südküste von Wales ähnlich schien, als Neu-Südwales bezeichnete. Bei seiner 
Rückkehr empfahl er der englischen Regierung das Land als Ansiedlungsgebiet. Da Eng- 
land um diese Zeit seine amerikanischen Besitzungen verlor, in die es bisher seine Verbrecher 
verbannt hatte, faßte es den neuen Erdteil zunächst als Verschickungsort ins Auge. 1768 
landete der erste Sträflingslrupp, zusammen mit den Beamten und Soldaten 1030 Personen, 
darunter */4 Frauen, an der Jacksonbai und gründete eine Ortschaft, die nach dem damaligen 
englischen Minister Sidney genannt wurde. Wenn ein Sträfling Besserung zeigte, konnte
	        
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