Lothar von Supplinburg-Sachsen.
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Honorius II. die strengkirchliche Partei I n n o z e n z II. auf den päpst- 1130
lichen Stuhl erhoben, während die römische Adelspartei einen Gegenpapst,
Anaklet II., aufstellte. Letzterer suchte sich die Unterstützung der Normannen
in Unteritalien zu sichern, indem er den Herrscher Roger II. von Sizilien
und Apulien zum König krönte (vgl. S. 62). Tatsächlich wurde Innozenz II.
aus Rom vertrieben. Da aber zwei hervorragende Vertreter der streng-
kirchlichen Gesinnung, nämlich der Zisterzienserabt *) Bernhard von
Clairvaux (südöstlich von Troyes) und der Stifter des Prämonstratenser-
ordens, Erzbischos Norbert von Magdeburg, beide Männer von euro-
päischem Rufe, für Innozenz eintraten, entschieden sich Frankreich, Eng-
land und Deutschland für diesen und König Lothar versprach auf einer
Zusammenkunft mit dem Papste in Lüttich, ihn nach Rom zurück-
zuführen. Doch erzielte Lothars erster Römerzug zunächst nur die Kaiser-1132/3
krönung durch Innozenz und zwar im Lateran; denn die Peterskirche
nebst einem Teile der Stadt Rom blieb im Besitze Anaklets und des Nor-
mannenkönigs. Gleichzeitig übernahm Lothar die Mathildischen Allodial-
(Eigen-)güter (vgl. S. 90 Anm.) gegen Zins vom Papste zur Nutznießung.
Erst die Versöhnung mit der staufischen Partei ermöglichte es dem
Kaiser, neuerdings in die italienischen Verhältnisse einzugreifen. Indes
führte auch Lothars zweiter Römerzug zu keinem wesentlichen Erfolg. 1136/7
Zwar gelang es, Roger II. vorübergehend aus Apulien nach Sizilien
zu vertreiben. Kaum war aber das kaiserliche Heer nordwärts abgezogen,
kehrte Roger nach Apulien zurück und brachte allmählich ganz Unteritalien
in seine Gewalt. Ebenso hielt sich Anaklet in Rom bis zu seinem Tode
(t 1138); und als dann Innozenz II., endlich im Alleinbesitz der Papst-
würde, sich nochmals gegen Roger wandte, wurde er gefangen und zu einem
Vertrage genötigt, nach welchem er Roger II. mit dem Königreich Neapel- 1139
Sizilien belehnte. Schon vorher (1137) war Lothar auf der Rückkehr nach
Deutschland in dem Tiroler Dorf Breitenwang (bei Reutte) gestorben,
ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen.
Die Wiederaufnahme der ostdeutschen Kolonisation. Ein bleibendes Ver-
dienst erwarb sich Lothar durch die weitere Ausbreitung des Christentums und
des Germanentums in den ostelbischen Slavenländern. Schon als Sachsen-
herzog war er persönlich bis Rügen vorgedrungen und als König empfing er
die Lehenshuldigung vonseiten Dänemarks, Böhmens und Polens. Noch wich-
tiger wurde die Tätigkeit der von ihm eingesetzten Markgrafen: A l b r e ch t der
Bär von A s k a n i e n oder Wallenstedt (Burgen in Anhalt) bekam wegen seiner
Verdienste auf dem ersten Römerzug die erledigte Nordmark (1034) und ver¬
einigte damit die benachbarten Havelgebiete, besonders Brandenburg (1150);
seitdem nannte er sich Markgraf von Brandenburg. Konrad von Wettin
x) Über die Zisterzienser und Prämonstratenser s. Abschnitt „Kulturleben zur Zeit
der Kreuzzüge".
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