Full text: Die außereuropäischen Erdteile und die deutschen Schutzgebiete (Teil 4)

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Feigen, Zitronen, Apfelsinen. Wein und Kaffee, der von der füdabessinifchen Landschaft 
Kaffa seinen Namen haben soll und noch heute dort auch wild wächst. Weiter hinauf findet 
man Weizenfelder, Wiesen und unsre mitteleuropäischen Obstbäume. Die oberste Stufe, die 
Dega, hat nur noch mäßig warme Tage und kühle Nächte, und der Winter bringt Frost 
und Schnee. Der Ackerbau hört mehr und mehr auf, der Wald verschwindet, und an seine 
Stelle treten frische Alpenweiden, weshalb Viehzucht hier die Hauptbeschäftigung der Be- 
wohner ist. — Die Niederschläge sind bedeutend, fallen aber nur im Sommer. Furcht- 
bare Gewitter mit Hagelschlägen und gewaltige Überschwemmungen richten oft großen 
Schaden an. 
Die Bewohner. Die eigentlichen Abessinier sind Semiten und von 
dunkler Hautfarbe. Sie sollen zur Zeit Salomos (1000 t>. Chr.) aus Süd¬ 
arabien eingewandert sein. Bereits im 4. Jahrhundert wurden sie Christen. 
Die Unzugänglichkeit des Landes machte es ihnen möglich, dem mohammedanischen 
Ansturm zu widerstehen, so daß sie ihren Glauben bis heute bewahrt haben. 
Aber da sie durch die umwohnenden mohammedanischen Völker von jeder Ver- 
bindung mit der übrigen Christenheit abgeschnitten waren, ist ihre Religion sehr 
entartet und in Formelkram und äußerer Werktätigkeit erstarrt. Man hat 
gegen 200 Feiertage, das Land ist voll von Priestern und Mönchen, und überall herrscht 
greulicher Aberglaube. Gleichwohl hat das Christentum auch hier noch segensreich 
gewirkt. Abessinien hat eine höhere Kultur als die umliegenden Länder, 
Sklaverei und Sklavenhandel sind durch die Kirche streng verboten; die Frau hat 
eine geachtetere Stellung als in den mohammedanischen Ländern, und in den 
häufigen Bürgerkriegen sind Frauen und Kinder von jeher geschont worden. 
Im S.-O. wohnen semitisch-hamitische Mischvölker, Galla und Somal, im 
S.-W. Neger. 
Wirtschaftlich ist Abessinien noch wenig entwickelt. Ackerbau und Viehzucht 
sind die Haupterwerbsquellen. Zur Ausfuhr (1911: 14 Mill. Mk.) kommen insbesondere 
Kaffee, Häute, Elfenbein und Wachs. 
Staatliches. Abessinien (1,2 Mill. qkm, 8 Mill. E.) ist ein selbständiges 
Königreich. Es umfaßt das Hochland, den nördlichsten Teil ausgenommen, und 
ein großes, in die Somalhalbinsel hineinreichendes Gebiet. Der Herrscher führt 
den Titel Negus Negesti, d. h. König der Köyige,.und besitzt unumschränkte 
Gewalt. 
Das abessinische Reich ist uralt, die ältere Geschichte aber wenig bekannt. Im 
18. Jahrhundert zerfiel das Land in eine Reihe fast selbständiger Herrschaften. 1853 aber 
gelang es Theodorus I., einem Manne niedriger Herkunft, das Reich wieder zu einen. 
Unter seinem Nachfolger Johannes II. drangen 1889 die Mahdisten (S. 47) in Abessinien 
ein und eroberten sogar die Hauptstadt Gondar. Sie vermochten sich aber nicht lange in 
dem feindseligen Lande zu halten, und mit Hilfe der Italiener, die sich 1879 am Roten 
Meere festgesetzt hatten, gelangte Menelik II. auf den Thron. Er war aber nicht ge- 
willt, die von den Italienern angestrebte Schutzherrschaft anzuerkennen und brachte ihnen 
1896 eine empfindliche Niederlage bei, die ihren Kolonialbesitz wesentlich einschränkte. Auch 
dehnte er seine Herrschaft über das fö. vom Hochlande gelegene Gebiet von Harrar aus.
	        
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