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zelne Seen (so der Draziger, der Malchiner und der Schweriner See),
welche „mit dunkeln Tannen und Hangendem Grün weißstämmiger
Birken gekränzt", die anmutigsten Gegenden der ganzen Seenplatte
bilden („mecklenburgische und pommersche Schweiz").
Nach Norden dacht sich der norddeutsche Landrücken zur Ostsee
ab. Gar oft tritt das höhere Land dicht an das Meer heran und
bildet Steilküsten oder anmutige Abhänge: so namentlich in Schles-
wig-Holstein, auf Rügen, in Hinterpommern und Ostpreußen. Nirgends
ist das Ufer so niedrig, daß es, wie bei der Nordsee, durch Deiche vor
dem Andränge des Meeres hätte geschützt werden müssen. An seinen
niedrigsten Stellen haben Wind und Wellen Dünen zum Schutze des
Landes aufgebaut, ja selbst vor die Mündung mancher Flüsse meilen^
lange Sandbänke geschoben und dadurch der Ostseeküste die ihr eigen-
tümliche Bildung der „Haffe" und „Nehrungen" verliehen. Diese
Dünenbildungen treten vorzugsweise auf den den Westwinden ausge-
setzten Nehrungen des frischen und kurischen Haffs auf; hier sind über-
Haupt die mächtigsten Dünenbildungen in Europa (bis 62 m hoch).
Die überaus große Zahl der auf dem Landrücken zerstreut liegen-
den Seen giebt einer bedeutsamen Menge fließender Gewässer ihren
Ursprung. Diese fließen teils nach Norden, teils nach Süden. So
wird der Landrücken zu einer bedeutenden Wasserscheide zwischen den
Küstenflüssen und den Zuflüssen der Elbe, Oder und Weichsel. Die
wichtigsten Küstenflüsse sind: die Eider, die Trave, die Warnow,
die Rega, die Persante und der Pregel. Alle entquellen dem
breiten Scheitel der Landhöhe und enden ihren kurzen Lauf (112—
188 km lang) in tiefe, landseeähnliche, durch Landzungen gegen das
offene Meer geschützte Flußerweiterungen (Haffe), wodurch die Küste
mit einem Reichtum von Häfen ausgestattet ist, denen die Städtekette
von Kiel bis Memel Entstehung und Blüte verdankt. Da der Land-
rücken nach Osten hin an Höhe zunimmt, gerade da der Ostsee aber
näher tritt als im Westen (in Mecklenburg), so haben Eid er, Trave
und Warnow nur ein geringes, Rega, Persante und Pregel
ein sehr starkes Gefälle. Eine erhöhte Bedeutung unter diesen Flüssen
erlangte
die Eider, und zwarHurch ihre Verbindung mit der Kieler Bucht.
Da wo sich der wasserreiche Fluß, dessen natürliche Schiffbarkeit bei
Rendsburg beginnt, nach Westen wendet (er fließt anfangs nördlich),
verläßt der Eiderkanal den Fluß und läuft in vorwiegend östlicher
Richtung der Kieler Bucht zu. Auf diese Weise setzt die Eider Nord-
und Ostsee in Verbindung. Die Kieler Bucht giebt den besten und
sichersten Hafen an der deutschen Ostseeküste ab und ist als „Königin
der Ostseebuchten" zum Kriegshafen für die deutsche Ostseeslotte be-
stimmt. An ihrem Ende liegt Kiel, das einen ausgebreiteten Handel
mit geräucherten Fischwaren (Kieler Sprotten) treibt.
Der Wasserreichtum der übrigen Küstenflüsse ist ungenügend für
ihre Beschiffung, die sich meist nur auf die Mündungsgegenden be-
schränkt. Ihre Bedeutung beschränkt sich auf die Holzflößerei von
dem mit Laub- und Nadelholz bewaldeten Landrücken nach den Küsten-
orten.
Weigeldt, Geographie von Deutschland. 4