Full text: Vaterländische Geschichte

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VIII. Unsere Altvordern in Lied und Sage. 
Die Anfänge der Heldensage reichen in das Zeitalter der Völker¬ 
wanderung zurück. Die Völker und Helden der Wanderzeit werden 
besungen. Als die deutschen Stämme auf die Wanderschaft gingen, 
nahmen sie die an Örtlichkeiten der Heimat haftenden Sagen mit. 
Neue eindrucksvolle Thaten verschmolzen in der Erinnerung mit den 
altüberlieferten, die Namen wechselten, und die Erlebnisse von Ge¬ 
schlechtern wurden auf einen hervorragenden Helden übertragen. 
a) Pie Dietrich sage. Als der hervorragendste aller Helden er¬ 
schien den Mit- und Nachlebenden Theoderich, der Ostgotenkönig. 
Nach gefahrvoller Jugend hatte er in harten Kämpfen ganz Italien 
erobert und war allen deutscheu Nachbarstämmen ein Schutz und 
Schirm geworden; auch die gewaltsam um sich greifenden Franken 
hielt er in Ehrfurcht. Als „Dietrich von Bern" wurde er der Held 
der Sage; alle ostgotischeu Sagenüberlieferungen knüpften sich an 
seine Person. Auch die Einwirkung des mächtigen Huunenkönigs 
Attila hatten säst alle deutscheu Stämme erfahren. Gerücht und 
Sage bemächtigten sich daher seiner Person. 
Hauptinhalt: 1. Der Ostgotenkönig Dietrich war durch seinen 
Oheim, den Kaiser Ermanarich von Rom, ans seinem Erbe ver¬ 
trieben worden. Er nahm seine Zuflucht zu Etzel und fand freund¬ 
liche Aufnahme. Obwohl Dietrich in hohen Ehren stand, konnte er 
doch nicht vergessen, daß er in der Verbannung leben mußte. Die 
Königin Helche ließ Bei ihm anfragen, was sein Herz beschwere; er 
erwiderte dem königlichen Abgesandten: „Wohl muß ich weinen und 
klagen, wenn ich der guten Helden gedenke, die ich im römischen 
Lande verloren habe. Wie könnte ich, ein armer, aus seinem Lande 
Vertriebener, fröhlich sein, da mir nicht einmal die Hoffnung bleibt, 
au meinen Feinden Rache zu nehmen?" Etzel versprach ihm seinen 
Beistand, damit er sein väterliches Erbe zurückerobern könne. Viele 
Helden erboten sich, mit ihren Mannen an dem Rachezuge teilzu¬ 
nehmen. Da wurde Dietrich wieder froh. 
2. Ohue Aufenthalt brach nun Dietrich mit den Seinen auf. 
Das hunnische Hilfsheer sollte nachfolgen. Als der geliebte König 
vor seiner Hauptstadt Beru ankam, freute sich das Volk, daß er 
wieder in sein Eigentum einzog. Der erschrockene Ermanarich aber 
sandte Boten aus und ließ seine Streiter zusammenrufen. Bald 
war ein ansehnliches Heer um ihn versammelt. Auf dem weiten 
Felde vor Bern lagerte aber auch bereits ein mächtiges Heer aus
	        
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