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Japan.
Begriff der Ehre kennt und den Naturgenuß pflegt. Sie stehen auf
einer höheren Stufe der Gesittung als alle andern Asiaten, auch das
Familienleben legt davon Zeugnis ab. — Die europäische Tracht findet
immer mehr Eingang, namentlich unter den Beamten; alle Truppen
tragen Uniformen. — Schon vor 1000 Jahren besaßen sie ein ge¬
regeltes Postwesen und gute Landstraßen; desgleichen Porzellan, seit
dem 13. Jahrhundert Bücherdruck. Lesen und Schreiben ist allgemein
verbreitet. In mehreren Städten befinden sich bereits auf europäische
Weise eingerichtete und von Europäern geleitete Unterrichtsanstalten.
Die Poesie hat in japanischer Schrift gedruckte Schauspiele aufzuweisen.
Die Malerei zeigt eine lebendige Auffassung. Berühmt sind die cise-
lirten Bronzearbeiten. Besonders bemerkenswerth in der Gärtnerei ist
die Verriesung und Verzwergung d. h. z. B. Pflaumenblüten bis zur
Größe von Blumenkohl zu treiben und fruchttragende Obstbäume mit
durchaus gleichmäßiger Ausbildung vom 15 cm. Höhe zn ziehen.
§ 361. Produkte: Der Bergbau ist noch wenig entwickelt.
Es gibt viel Kupfer (dagegen wenig Eisen), ferner Zinn, Steinkohle,
Schwefel, Naphta, Bernstein. Der Ackerbau steht auf hoher Stufe,
in der Teraffenkultur die Chinesen übertreffend. Die Anlage der japa¬
nischen Ziergärten fand im 17. Jahrhundert ihren Weg nach Holland
nnd so Nachahmung in Frankreich. Reis, nicht ausreichend, ist die
Hauptnahrung; sodann baut man Gerste und Bohnen, zieht Maulbeer¬
bäume u. Lackpflanzen u. gewinnt Kampfer, Baumwolle, Südfrüchte,
Obst, Wein und Melonen. Thee ist das allgemeine Getränk; niemand
trinkt Wasser. Die Haupttheedistrikte liegen bei Osakka, Tabak baut
man am meisten in Kiusiu. Das Rauchen ist allgemein bei Männern
und Frauen gebräuchlich. Viehzucht. Rinder und Pferde dienen
zum Lasttragen und Reiten. Da das Fleisch davon nicht gegessen wird,
so dienen Geflügel und viel Fische als Ersatz. Ausgezeichnet ist die
Seidenzucht.
Die Industrie liefert vorzüglich unübertroffen lackirte Holzwaaren,
Metallmaaren, besonders von Kupfer (selbst Dachrinnen und Fenster¬
laden werden daraus gemacht), guten Stahl, Seide (der wundervolle
Krepp ist einzig in seiner Art), Seiden- und Baumwollenzeuge. Das
aus dem Baste des Maulbeerbaumes fabricirte Papier wird zu Taschen¬
tüchern, Regenschirmen, wasserdichten Ueberröcken und Fenstern (Glas¬
fenster gibt es nicht), Bindfäden u. s. w. verwendet. Auch die Zim¬
merwände sind aus Papier. Glas-, namentlich Flaschenfabrication,
sowie Tuchfabrication fehlt. Der Handel wird im Innern durch vor¬
treffliche Straßen befördert, die alle an der Brücke von Jedo zusammen¬
laufen. Der Postverkehr wird von Privatunternehmern durch zuver¬
lässige Eilboten besorgt. Unter der Leitung englischer Ingenieure ist
der Eisenbahnbau lebhaft in Angriff genommen. Der Handel mit
Europäern war bis 1854 sehr gering, da nur Chinesen und Holländer¬
in den Hafen von Nagasaki einlaufen durften. Seitdem sind durch
aufeinander folgende Verträge die Häfen von Jokohama und Kanagawa
bei Jedo, Nagasaki auf Kiusiu und Hakodade (Hakotade) auf Jeso und
seit 1869 Nigata, Hiogo bei Osakka und Jedo selbst den Nordameri-