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Osteuropa.
Aus dem Uralgebirge kommt der Uralfluß; er durchströmt das östlichste
der Läugeuthäler des südlichen Teiles, wendet sich dann plötzlich westwärts,
um hieraus ebenso plötzlich in seine alte südliche Richtung zurückzukehren. Aus
dieser letzten Strecke durchfließt er die kaspische Steppe.
3. öevölkerung,
1. Abstammung. Rußland weist unter allen europäischen Staaten
das bunteste Völkergemisch ans. Gleichwohl bildet das Volk eine einheitliche
Masse; denn die Russen, welche gleiche Bildung, Sitte und Religion haben,
machen ca. 3U der Bevölkerung aus.
Im einzelnen unterscheidet man:
A. Kankasier.
1. Slaven (66V- Mill.); sie zerfallen in a) die Russen (61 Mill.),
welche wieder in Groß-, Klein- und Weißrussen unterschieden werden;
b) die Polen (57- Mill.); 2. die Letten (3 Mill.) im Njemen- und Düna-
gebiete; 3. Deutsche (1,2 Mill.), besonders in den Ostseeprovinzen; 4. Juden
(fast 3 Mill.), namentlich in Polen; 5. Griechen und 6. Rumänen.
B. Mongolen.
1. die Finnen (5 Will.); sie sind a) baltische Finnen (Bewohner
Finnlands, Esthen, Liven'und Lappen); b) Wolgafinnen; c) nordische
Finnen (Samojeden, Wogulen); 2. die Tataren (3 Mill.), z. B. die
Baschkiren am Ural, die Kirgisen, die eigentlichen Tataren in den süd-
lichen Steppen; 3. die Kalmücken ebenda.
2. Religion und Bildung. In religiöser Beziehung besteht große
Mannigfaltigkeit; allein die überwiegende Mehrzahl (63 Mill. — 75 °/o) der Be¬
wohner Rußlands bekennt sich zur griechischen Staatskirche, deren Ober-
Haupt der Kaiser ist. Die Polen sind römisch-katholisch, die (baltischen)
Finnen und die Deutschen in den Ostseeprovinzen pr otestantis ch. Außerdem
gibt es Juden (3 Mill.), Muhammedauer (4 Mill.) und sogar noch 73Mill.
Heiden. — Die größere Masse der Bevölkerung ist völlig ohne Schule.
3. Nahrungsquellen, a) Die erste Stelle uuter den Nahrnngs-
quellen nimmt der Ackerbau ein, besonders in den mittleren Provinzen.
Uber V-» der ganzen Getreideernte Europas kommt auf Rußland. Von den
Getreidearten werden namentlich große Mengen von Weizen gebaut, außer-
dem steht der Flachs- und Hanfbau wie sonst nirgends in Europa in
Blüte; aber trotzdem wird die Landwirtschaft noch wenig in wirtschaftlich
richtiger Weise betrieben. — Ungemein groß ist der Waldreichtum des
Landes (38 °/0).
b) Die Viehzucht umfaßt alle Gattungen der Haustiere, vom Kamel
des Südens bis zum Renntier des Nordens; besonders ausgedehnt ist die
Pferdezucht.
c) Sehr bedeutend ist die Fischerei in den Meeren und Flüssen,
besonders im kaspischen Meere (Kaviar und Hansenblase). Die Störarten
liefern den Kaviar (d. i. der eingefalzene Rogen) und die Haufeublafe (d. i.
die innere Haut der Schwimmblase).
d) An Mineralpr odukten ist Rußland das erste Land Europas.
Sein großer Reichtum an Eisen, Kupfer und Blei gewinnt noch einen be-
fonderen Wert durch die Auffindung unermeßlicher Steinkohlenlager in fast
allen Teilen des Landes. Das Uralgebirge ist reich an Gold und Platina;
in den Steppen des Uralslusses sowie im kaspischen Senkungsgebiete wird
Salz in ungeheuren Mengen gewonnen.
e) Die Industrie Rußlands ist erst eine neue Pflanzung, und ihrem
Aufblühen steheu bedeutende Hindernisse entgegen, vor allem das Vorwiegen