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ihrem Führer zu folgen. Ist es endlich so weit, daß man einen
Transport wagen kann, so werden sie zum Verkauf 'in größere
Städte gebracht. Als Schutztruppe und Lehrmeister muß eine
Anzahl großer, zahmer Tiere mitgehen. Kommen sie unterwegs
an einen Fluß, so müssen sie ihn durchwaten oder durchschwim¬
men, eine Brücke dürfen sie nicht betreten.
2. Im Jahre 1889 kam eine Herde von 57, ein andres Mal
28 Elefanten nach Tellicherry an der Westküste Indiens. Da sie
in einem dicht an unser Haus anstoßenden Palmengarten für
zwölf Tage untergebracht waren, hatten wir reichlich Gelegen¬
heit, die zweimal täglich stattfindende Zähmung der Widerspen¬
stigen kennen zu lernen. Acht bis zehn Männer umstellen den
Elefanten, der fest angebunden ist. Jeder hat einen 1 bis
l1/2 Meter langen Pfahl oder Stock in der Hand. Der Anführer
stimmt einen eintönigen Gesang an, in den die übrigen immer
wieder im Chor einfallen, während sie dabei mit ihren Stöcken
in der Luft einherfuchteln, den Elefanten reizen, stoßen und
schlagen, ohne ihm jedoch weh zu tun. Unterdessen klettert ein
Treiber mit katzenartiger Geschwindigkeit an einem gefesselten
Hinterbein auf den Rücken des Elefanten, wo er sich an einem
um den Leib des Tieres befestigten Seile festhält. Dieses, schon
rasend über den Anblick der vor ihm Tanzenden und Schreienden,
kennt sich jetzt kaum mehr vor Wut, stampft mit den Füßen,
daß der Boden dröhnt, greift mit dem Rüssel vor- und rückwärts,
um den kühnen Reiter oder einen seiner Peiniger zu fassen, wirbelt
den Staub in die Höhe und brüllt dabei, daß einem Hören und
Sehen vergeht. Bald jedoch sieht der Elefant die Nutzlosigkeit
dieses Gebarens ein und besänftigt sich allmählich nach Verlauf
von fünf bis zehn Minuten. So geht es von einem zum andern,
bis sie sich widerstandslos fügen und den Reiter tragen.
Bei diesem wilden Zerren und Reißen kommt es aber oft vor,
daß das Seil am Bein tief einschneidet und es verwundet, wes¬
halb die Schlinge anderweitig angelegt werden muß. Dabei nimmt
man drei zahme Elefanten zu Hilfe. Zwei stellen sich rechts und
links von dem Patienten auf, gegen den Kopf eine Spitze bildend,
während der dritte sich quer hinter ihn stellt, so daß er in dem
lebendigen Dreieck gefangen steht. Auf einen Ruf des Treibers
rücken sie von allen drei Seiten so nah zusammen, daß der Ein¬
geklemmte sich nicht rühren kann. In diesem Augenblicke kriecht
der Wärter mit außerordentlicher Gewandtheit unter ihnen durch
und befestigt das Seil an ein gesundes Bein. Aber aufpassen
muß er, daß er unter den sechzehn Beinen das richtige erwischt.