Full text: Allgemeine Erdkunde, Verkehrsgeographie, Das Deutsche Reich und die Erdteile, Zehn Lesestücke aus der geographischen Literatur, Bilder zur Siedlungskunde (H. 7 = Lehrstoff der oberen Kl.)

Nehren bei Tübingen. — Appenzell. 
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19. Nehren bei Tübingen. Nördlich der Alpen bilden im allgemeinen die Dörfer durch ihre lockere 
Art der Verknüpfung von Wohnstätten einen scharfen Gegensatz gegen die Hauswand an Hauswand eng 
zusammenschließende städtische Bauweise. Indes hat im Gegensatz zu dem raumweiten Norddeutschen Flach- 
land im Rheingebiete SUddeutschlands und Preußens auch eine Entwicklung zu stadtähnlicher Bauweise 
eingesetzt. Höfe und Häuser werden öfter dicht aneinandergedrängt, das Haufendorf geht in ein regelloses 
Gewirr von kleinen Gassen und Straßen Uber. Steinwände schließen oft die Höfe von der Straße ab, 
oder es tritt gar nur eine große Wageneinfahrt im Hause selbst an die Stelle des Hofes. Eigentümlich 
mutet das Fehlen der Gärten innerhalb der stadtähnlichen Dörfer an, das besonders in Baden, im Elsaß 
und in Frankreich auffällt. Das Straßendorf und das Reihendorf dagegen verwandeln sich dann in eine 
übersichtliche stadtähnliche Siedlung mit breiter Dorfstraße, in der einerseits die Massenwirkung der Häuser, 
anderseits der dadurch verschärfte Gegensatz zwischen Flur und Siedlung das Landschaftsbild beherrschen. 
20 Appenzell. Wo in den Gebirgen die Berglehnen durch steile Wandungen oder durch tief einge- 
schnittene Wasseradern in mannigfaltiger Weise gegliedert oder durch sanftere Erosionsformen in Sonder- 
gruppen aufgelöst sind, stellen sich dem täglichen Verkehr Schwierigkeiten entgegen. Darum verzichteten 
lner die Ansiedler auf dorfweise Siedlung. Einzelbesitz in einer natürlich abgeschlossenen Kleinform des 
Berghanges erschien vorteilhafter. So hat sich nicht nur in den Alpenländern ein Hang der Bevölkerung, 
auf Emzelhösen sich festzusetzen, allgemein ausgebildet, sondern auch in den Deutschen Mittelgebirgen, be- 
,onders tm Erzgebirge. Auch wenn hier große Jndustriedörfer entstehen, wohnt die Bevölkerung größtenteils 
auf Emzelhofen. Das ausgedehnteste Gebiet des Einzelhofes, der hier durch Arbeits- und Wohngewohnheit 
einen bestimmten, harmonisch in das Landschaftsbild sich einschmiegenden Baustil ausgebildet hat, reicht 
von Nordwestfrankreich durch Westfalen bis in die Lüneburger Heide. Verursacht wurde diese Siedlung?- 
form hier meist durch die Notwendigkeit, eine große Ackerbausläche zu bewirtschaften.
	        
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