Die Balkanhalbinsel.
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die Herzegowina traten unter österreichische Verwaltung. — Somit umfaßt die
Halbinsel außer dem österreichischen Kronlande Dalmatien 4 unabhängige Staaten,
1 türkischen Tribntärstaat und 2 von Österreich verwaltete türkische Provinzen.
a) Die europäische Türkei.
[170000 qkm, 5,7 Mill. ©.]
a) Regierung und Volkswirtschaftliches. Die Türkei ist auch jetzt
noch der größte Staat der Halbinsel. Der Sultan oder Padischah der-
einigt in sich die höchste weltliche und geistliche Macht. Das von der
Natur bevorzugte Land ist arm und heruntergekommen infolge der despo-
tischen Regierung und der Willkürherrschaft und Bestechlichkeit der Beamten,
um so mehr, da der Glaube an das Kismet die Thatkraft des zur Be-
quemlichkeit neigenden Volkes lähmt. Die Landwirtschaft wird sehr
lässig betrieben, liefert aber dennoch Getreide, Öl, Trauben und Tabak zur
Ausfuhr. Die Produkte der Großindustrie, vornehmlich Gewebe, werden
aus dem übrigen Europa bezogen. Von Bedeutung für die Ausfuhr ist
die Teppichfabrikation.*) Die Verkehrswege sind schlecht. Im Bauen der
Eisenbahnen ist erst ein Anfang gemacht, der auswärtige Handel
liegt in den Händen der Griechen und Armenier. Dennoch ist die Türkei
wegen der Lage und Größe ihres Ländergebietes (in 3 Erdteilen) und
wegen der Tapferkeit ihrer Soldaten eine Macht, deren Stimme die euro-
päischen Staaten nicht überhören dürfen.
b) Landschaften und Städte. Das Gebiet der Maritza ist die Landschaft
Rumelien, der Hauptteil des alten Thrakien. In ihm Konstantinopel, türkisch
Stambnl, ehedem Byzanz, seit 1453 Hst. derOsmanen, unvergleichlich gelegen an
der Mündung des Bosporus ins Marmara-Meer und am „Goldenen Horn",
einer tiefen, schmalen Bucht, die einen der besten Häsen der Erde bildet; erster
Handelsplatz, Eingangspforte ins Schwarze Meer und das asiatische Morgen-
land; 900000 E. — Adrianopel, am Knie der Maritza und an der Eisen-
bahn, die von Konstantinopel über Sofia, Belgrad, Budapest und Wien nach
dem W. Europas führt, liefert Seide, Rosenöl und Teppiche in den Handel.
Galltpoli, auf der gleichnamigen Halbinsel, befestigter Vorhafen der türkischen
Hauptstadt.
Die Mitte der europäischen Türkei und die blühendste Landschaft derselben
bildet Makedonien; dort liegt am N.-Ende des Busens von Saloniki die
gleichnamige Stadt (Thessalonich), 150000 E., die zweitgrößte Handelsstadt
der europäischen Türkei und durch die Bahn nach Belgrad der Handelshafen
für Ungarn.
Der adriatifche Teil der Türkei ist das gebirgige, unwegsame nnd stets
unruhige Albanien.
Zum Türkenreiche gehören ferner die Inseln im n. und ö. Teile des Ägäischen
Meeres, mit ganz überwiegend griechischer Bevölkerung, und Kreta oder Kandia,
erfüllt von Kreidegebirgen, mit gesundem Klima; einst reich angebaut, jetzt aber
heruntergekommen; oft in Empörung gegen die verhaßten Türken.
¥) Weit über die Hälfte der Einfuhr sind gewerbliche Erzeugnisse.