Metadata: Lehrbuch der Weltgeschichte für Schulen

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zur Anwendung; die meisten Verbrechen: Mord, Körperverletzung, 
Diebstahl re. wurden durch Geldstrafen, Wehrgelder genannt, 
gesühnt, deren Betrag für alle Fälle genau festgesetzt war und sich 
nicht nur nach dem Verbrechen selbst, sondern hauptsächlich nach dem 
Stande und der Nationalität des Verletzten richtete. Wer diese 
Sühne nicht zahlen konnte, wurde der Privatrache überlassen. Das 
Gericht wurde öffentlich, auf den sogenannten Mahlstätten, ge¬ 
halten, großen, freien Plätzen, die gewöhnlich mit Linden besetzt 
waren. Die Vorsteher oder Grafen der Gemeinde waren die Richter; 
ihnen zur Seite standen die, aus den Gememdeältesten gewählten 
Schöppen. Der Beweis wurde gewöhnlich durch Zeugen, durch 
Eidschwur und Eideshelfer, d. H. durch solche geführt" die den Eid 
des Schwörenden durch eidliche Betheuerung seiner Wahrhaftigkeit 
bekräftigten. Wo die Wahrheit auf dem gewöhnlichen Wege nicht 
zu ermitteln war, nahm man seine Zuflucht zu Gottes urtheilen 
oder Drd alten, unter denen der Kesse lfan g, die Feuerprob e, 
die K r e n z e s p r o b e und der Z w e i k a m p f am häufigsten vorkamen. 
— In den von den Deutschen eroberten Ländern bildeten sich allmählig, 
durch die Vermischung der deutschen Sprache mit der Sprache der 
überwundenen Völker, die romanischen Sprachen: die ita¬ 
lienische, die französische, die spanische und die portu¬ 
giesische, aus, deren gemeinsame Grundlage und vorherrschendes 
Element die lateinische Sprache bildet. 
Zu den eigenthümlichsten Einrichtungen der Germanen gehörte 
das Lehens- oder Vasallenwesen. Nach der Eroberung eines 
Landes gab der König einen Theil der ihm zugefallenen Güter an 
einzelne Adligen als Lehen (Beneficium oder Fendum ge¬ 
nannt. daher FeudalsystemLehenssystem) d. H. er überließ 
ihnen die Nutznießung desselben, wogegen sie sich durch einen Eid 
verpflichteten, dem Lehensherrn mit Rath und That in Krieg und 
Frieden beizustehen. In gleicher Weife übernahmen gemeine Freie 
von Adligen Lehen und damit die gleichen Verpflichtungen. Der 
Inhaber eines solchen Lehens hieß Lehensträger oder Vasall. 
Die ersten Vasallen der Könige waren die Herzoge, welche als 
Statthalter der größeren Bezirke die Gerechtigkeitspflege zu ver¬ 
walten, den Landfrieden aufrecht zu halten, die Abgaben zu erheben 
und den Heerbann zu besorgen, d. h. das Heer aufzubieten und 
anzuführen hatten. Ihnen untergeordnet waren die Grafen, 
denen dieselben Geschäfte in den kleineren Bezirken übertragen 
waren. 
Ursprünglich waren die Lehen nur auf Lebenszeit verliehen 
worden; nach und nach wurden sie erblich.
	        
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