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diesen Tagen sei doch auch keiner ohne irgend ein Herzeleid vergangen.
Man sieht, für Vergnügungen und Weltlust war er uicht geboren; das
Unangenehme, das dabei nicht zu vermeiden ist, ging ihm allzutief und
quälte ihn mehr, als ihn der leichte Genuß erfreute. Mit seinem
Brndei, dessen Mitregent er war, hat er sich nie entzweit: nie hat einer
emen Diener angenommen, ohne daß der andere damit einverstanden
gewesen wäre.
Vom ersten Ausgang Luthers an widmete er der Lehre desselben
die freudigste Teilnahme; sein von Natur erustes und in der Tiefe
religiöses Gemüt ward von derselben allmählich ganz durchdrungen Es
war ihm Vergnügen und Genugthuung, sich die Schrift, die ihm nun
erst bekannt ward, iu den Abendstunden vorlesen zu lassen. Er schlief
darüber zuweilen ein, denn schon war er bejahrt; wenn er auswachte,
wiederholte er den letzten Spruch, der ihm im Gedächtnis geblieben.
Die Predigten Luthers schrieb er zuweilen nach: man hat ein von seiner
Hand geschriebenes Exemplar des kleinen Katechismus Lutheri. Früher
und später hat es Fürsten gegeben, die durch eine Hingebung dieser Art
rn ihrer Thatkraft gelähmt worden: bei ihm war das nicht der Fall.
Bei aller Einfachheit entwickelte doch seine Seele auch Schwung und
Willen. Als in dem Bauernkriege die Sache der Fürsten so schwankend
stand, verbarg er sich nicht, daß es zu einem völligen Umschlag kommen
könne: er war sogar darauf gefaßt, und mau' hörte ihn sagen, auch er
könne sich am Ende mit ein paar Pferden begnügen und ein Mann sein,
wie ein anderer Mann; aber das hielt ihn nicht ab, fein gutes Recht
doch so tapfer zu verteidigen, wie irgend ein anderer; nur in dem Siege
zeigte er sich milder. Und wann wäre in den folgenden fahren ein
Moment eingetreten, wo eine bloß beschauliche Frömmigkeit auch nur
möglich gewesen wäre. Wir kennen keinen Fürsten, der sich um die
Feststellung der protestantischen Kirche ein größeres Verdienst erworben
hätte. Sein Bruder und Vorgänger hatte die Lehre nur nicht unter¬
drücken lassen, sie in seinem Lande und, soviel er vermochte, im Reiche
tn Schutz genommen. Sein Bemühen ging allein dahin, der Lehre in
seinem Lande Ausdruck und ein entsprechendes öffentliches Daseinzu
geben. Er führte die erste evangelische Kirchensorm in Deutschland ein,
die allen anderen mehr oder weniger zum Muster gedient hat. Er ver¬
säumte nicht, die Übergriffe seines Adels zu verhindern: so mild und
gutmütig er war, so ließ er sich doch keine ungerechte Begünstigung ab¬
gewinnen ; er tadelte an seinem Sohne, daß derselbe seiner Umgebung
wohl mehr als billig Gehör gebe.
_ In alledem hatte nun Luther den größten Einfluß aus ihn: Luther
wußte die inneren Motive, welche diese Seele beherrschten, zur rechten
Zeit in Anregung zu bringen und in frischem Bewußtsein zu erhalten.
So geschah denn auch unter Johanns Vortritt die Protestation, die der
ganzen Partei Namen und Weltstellung gegeben hat. Denn wo Recht
und Religion auf feiner Seite war, da hatte er kein Bedenken. Da
führte auch er wohl das Sprüchwort: „Geradeaus giebt einen guten