fullscreen: Geschichte des deutschen Volkes

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Das Jahr 1866. § 726—727. 
7. Das Jahr 1866. 
§ 726. Was bei anderen Völkern Freude und Glück gewesen wäre, näm¬ 
lich ein siegreicher Krieg, der die Grenzen erweitert und edle Stämme dem 
Muttervolke wieder zugeführt — das ward bei der Zerrissenheit Deutschlands 
in den armseligen Bundesverhältnissen der' Grund erst zu widerlichem Wort- 
gezank, dann zu blutiger Waffenentscheidung. Gleich bei dem ersten Beginn des 
dänischen Krieges war der Prinz Friedrich von Augustenburg nach 
Holstein gekommen, freudig begrüßt von dem schleswig-holsteinschen Volke, das 
in ihm vorläufig die Gewähr einer Trennung von Dänemark ergriffen zu haben 
glaubte, und ebenso begleitet von der Sympathie der meisten Deutschen, die den¬ 
selben Gesichtspunkt in's Auge faßten. Der Minister von Bismarck hatte auch 
auf der Londoner Konferenz erklärt, Deutschland halte denselben für den erb¬ 
berechtigten Nachfolger in den Herzogthümern, und er trug kein Bedenken, die 
Vereinigung der Herzogthümer unter seiner Souveränetät zu empfehlen. Aber 
Preußen kam jetzt, nach beendigtem, siegreichem Kriege lebhafter auf seinen Plan, 
den neuen Bundesstaat zu begründen, zurück; man wollte Schleswig-Holstein 
nicht befreit haben, um einen neuen Mittelstaat im Rücken Preußens entstehen 
zu sehen, zu schwach, um — trotz seiner herrlichen Lage an zwei Meeren — 
Deutschland zu nützen, wohl aber stark genug, um, nebst den anderen Mittel¬ 
staaten an Oestreich angelehnt, Preußen zu hemmen und zu schaden. Der Mi¬ 
nister von Bismarck forderte deshalb, was man später von allen, wenigstens 
norddeutschen Bundesstaaten im Interesse Deutschlands zu fordern willens war: 
Einverleibung des Heeres in das preußische und Ueberlassung der äußeren Po¬ 
litik (der diplomatischen Vertretung) an Preußen; ferner die Einräumung der 
Bundesfestung Rendsburg, des Kieler Hafens und des noch zu bauenden Nord- 
oftseekanals. Der Prinz suchte sich, angeleitet von ehrgeizigen Räthen und im 
Stillen beeinflußt von den Feinden Preußens, diesen Forderungen zuerst in einem 
Privatgespräch mit dem Minister von Bismarck zu entziehen. Dieselben An¬ 
forderungen aber sprach Preußen am 22. Februar 1865 offen auch Oestreich 
gegenüber aus, welches der Mitbesitzer von Schleswig-Holstein war und bereits 
darauf drang, man solle die Herzogthümer „vorläufig" an den Prinzen Friedrich 
abgeben. Da schloß Oestreich, laut seiner Erklärung vom 5. März, die Ver¬ 
handlungen, und nun lehnte auch der Prinz die Forderungen Preußens sämmtlich 
ab. Von Kiel aus, wo er sich mit seinem kleinen, im Stillen wirkenden Hofe 
aufhielt, bereitete sein, stets feindseliger werdendes aufregendes Treiben Preußen 
immer neue Schwierigkeiten. Gegen dies Verfahren griff Preußen ein. Die 
deutschen Bundesmächte, besonders Sachsen, wo Herr von Beust Minister war, 
nahmen sich dagegen des Prinzen an. Da Preußen nicht weichen wollte und ohne 
neue Demüthigung nicht Weichen konnte, so schien es schon im Laufe des Sommers 
zu einem feindseligen Zusammenstöße in Deutschland selbst kommen zu müffen. 
§. 727. Noch einmal ward durch die persönliche Zusammenkunft des 
Kaisers Max Joseph und des Königs Wilhelm zu Gastein der drohende Sturm 
beschworen. Die Gasteiner Convention 14. August 1865 wies Schleswig 
an Preußen und Holstein an Oestreich zur Verwaltung (doch so, daß das ge¬ 
meinsame Anrecht fortdauerte) und Lauenburg ging gegen eine an Oestreich 
zu zahlende Geldentschädigung vollständig an die Souveränetät Preußens über. 
Bismarck, der bisher alle äußeren Verhandlungen so erfolgreich geleitet, ward 
von seinem Könige in den Grafenstand erhoben. Aber der Gasteiner Vertrag 
war nur einem Waffenstillstand zu vergleichen. Die geheimen Anreizungen der
	        
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