Full text: Vaterländische Geschichte für den Schul- und Selbstunterricht

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und hielt nach kurzer Zeit seinen Einzug in die von dem Kurfürsten und 
seinem Heere verlassene Hauptstadt Dresden, wo er in dem Staatsarchiv 
den Vertrag auffand, in dem der von den feindlichen Mächten zur Ver¬ 
nichtung Preußens geschmiedete Plan enthalten war. Durch Veröffent¬ 
lichung desselben zeigte Friedrich, daß er nicht aus Eroberungslust, sondern 
aus Notwehr den Kampf aufgenommen habe. Das sächsische Heer, etwa 
17000 Mann stark, hatte bei Pirna ein festes Lager bezogen, wo es 
sich so lange zu halten hoffte, bis die Österreicher aus Böhmen zu Hilfe 
kämen. Friedrich schloß das sächsische Lager von allen Seiten ein, und 
als ein österreichisches Heer unter Feldmarschall Brown (Braun) zum 
Entsätze der Sachsen heranrückte, zog Friedrich demselben mit 24000 Mann 
nach Böhmen entgegen und schlug es am 1. Oktober bei Lowositz an 
der Elbe. Nun sah sich die sächsische Armee infolge eingetretenen 
Mangels genötigt, sich kriegsgefangen zu geben, nachdem sie noch einen 
vergeblichen Versuch gemacht hatte, sich durchzuschlagen. Die Offiziere 
wurden auf ihr Ehrenwort entlassen. Die Soldaten mußten zur preußischen 
Fahne schwören und wurden dann dem preußischen Heere einverleibt. In¬ 
dessen gingen dieselben später scharenweise zum Feinde über. Mit der 
Gefangennahme des sächsischen Heeres hatte der Krieg für dieses Jahr ein 
Ende. Die Österreicher bezogen in Böhmen, die Preußen in Schlesien 
und Sachsen, das nun ganz wie eine preußische Provinz verwaltet wurde, 
ihre Winterquartiere. 
Während des Winters vollendeten die Feinde, denen sich auch noch 
Schweden und das Deutsche Reich zugesellten, ihre Rüstungen. Obwohl 
Friedrich nur in England, das ihm Hilfsgelder und 50000 Mann Hilfs¬ 
truppen zusicherte, einen Bundesgenossen gewonnen hatte, verzweifelte er 
doch nicht. Mit klarem Blicke überschaute er seine Lage. 
Wie sehr er für alle Fälle Vorsorge traf und seine eigene Person dem Wohle des 
Staates unterordnete, das erhellt aus der geheimen Weisung, die er am 10. Januar 1757 
an seinen Minister, den Grafen Finckenstein, richtete. Er befiehlt darin: „Wenn ich 
das Unglück hätte, vom Feinde gefangen zu werden, so verbiete ich, daß man auf meine 
Person die geringste Rücksicht nehme, oder daß man im allergeringsten darauf achte, 
was ich etwa aus der Gefangenschaft schreibe. Wenn mir ein solches Unglück begegnet, 
so will ich mich dem Staat opfern, und man soll alsdann meinem Bruder Gehorsam 
leisten, welchen, sowie die Minister und Generale, ich mit ihrem Kopfe dafür verant¬ 
wortlich mache, daß man für meine Befreiung weder eine Provinz noch Lösegeld anbiete, 
daß man vielmehr den Krieg fortsetze und alle Vorteile benutze, ganz so, als hätte ich 
niemals in der Welt existiert." 
Das Jahr 1757. — Prag. — Beim Wiederbeginne des Feldzuges 
im Frühjahr 1757 suchte Friedrich, da er den 400 000 Mann seiner
	        
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