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Getreidefeldern und Obstgärten bedeckt. Große Wälder liefern Bauholz und Mast 
für die Schweine. Die Industrie ist noch sehr unentwickelt. Die Bewohner sind fast 
ausschließlich slawische Kroaten. Sitz der Regierung von Kroatien und einer Uni¬ 
versität ist Agram, wo allmählich Industrie entsteht. Der Hauptort von Slawonien, 
Esseg, ist Mittelpunkt des Getreidehandels und liegt in einer deutschen Sprachinsel. Zu 
Ungarn gehört als Hafenstadt Fiume (f jûme) am Golf von Quarnero (sprich : karnêro). 
4. Bosnien und die Herzegowina gehören bereits vollständig zur Balkan¬ 
halbinsel (vgl. Teil II). 
5. a) Nationalität und Bekenntnis. Auch der ungarische Teil des Doppelreiches 
ist nicht einheitlich, sondern er besteht hauptsächlich aus Bewohnern ungarischer 
und slawischer Abstammung, von denen beide die Herrschaft über das Ganze 
haben möchten. Die Kultur des Bodens, die Entwicklung der Industrie und die 
Pflege der Wissenschaften ist meist von den Deutschen begründet worden. 
In dieser Reichshälfte überwiegen gleichfalls die römischen Katholiken, ein 
kleiner Teil ist griechisch-katholisch oder evangelisch. In Bosnien wohnen auch 
Muhamedaner. 
b) Beschäftigung und Bildungstand der Bewohner. Die teilweise sehr frucht¬ 
baren Gebiete sind noch nicht genügend für die Landwirtschaft ausgenutzt, große 
Länderstreifen sind von Wald, Moor und Steppe bedeckt. Erst sehr allmählich 
beginnt unter der Fürsorge der österreichischen Regierung Industrie aufzuleben, 
nur in Ungarn haben sich bereits Zuckerfabriken entwickelt. Für das Entstehen 
von Großindustrie besteht keine Wahrscheinlichkeit, da der Boden nur wenig 
Kohle und Eisen enthält. So bleiben Ackerbau und Viehzucht die Hauptbeschäf¬ 
tigung der Bewohner. Die Bildung des Volkes steht sehr niedrig. Im allgemeinen 
können vier Fünftel der Bewohner nicht lesen und schreiben. Die Bevölkerung 
gehört größtenteils zum römisch-katholischen, in den östlichen Gebieten auch 
zum griechisch-orthodoxen Bekenntnisse. 
c) Verhältnis der beiden Reichshälften. Österreich und Ungarn sind in erster 
Linie durch die Verkehrstraße der Donau miteinander verbunden. Auch die 
gesamte Kultur Ungarns kommt von Deutsch-Österreich her. Da die ungarische 
Hälfte zwar fruchtbaren Boden, aber keine Industrie besitzt, während Österreich 
viel unfruchtbares Gebirgsland und eine hoch entwickelte Industrie hat, so stehen 
beide Reiche im gegenseitigen Verhältnisse des Lieferanten und Abnehmers. Hier¬ 
durch werden vorläufig noch die grundverschiedenen Bezirke zusammengehalten. 
d) Politische Bedeutung Österreich-Ungarns. Wegen der Zerrissenheit seiner 
vielen Volksstämme kann Österreich-Ungarn unter den Großstaaten nicht die 
Bedeutung haben, die ihm nach seiner Größe und Volkszahl, seiner günstigen 
Lage und seinem natürlichen Reichtum zukommt. 
e) Geschichte Mitteleuropas. In früheren Zeiten war das ganze Gebiet von 
Mitteleuropa auch staatlich vereinigt und bildete das alte Deutsche Reich. Aber 
von diesem Staatenbunde sind im Laufe der Zeit die Ränder abgebröckelt und 
haben sich selbständig gemacht: im Gebiete des Hochgebirges und des Vorlandes 
die Schweiz, im Mittelgebirge Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Der 
große übriggebliebene Rest bildete später den „Deutschen Bund", gliederte sich 
aber dann in zwei große Teile so, daß das Donaugebiet den Doppelstaat Österreich- 
Ungarn bildete, während das zum Meere abdachende Gebiet sich zum Deutschen 
Reiche zusammenschloß.
	        
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