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hard in Berlin mit allen Hoheits- und Privatrechten erworben und unter
deutschen Schutz gestellt worden ist.
Zum Schlusse mögen die bedeutenden Erwerbungen der Neu-Guinea—
Kompagnie in der Südsee Erwähnung finden. Schon im Oktober 1884 war
der bekannte Afrikareisende Dr. Finsch an die Nordküste von Neu-Guinea und
den Neu-Britannia-⸗Archipel gekommen, hatte mit den Eingebornen Bekannt—
schaft gemacht, einzelne Stücke Land gekauft und die Küste nach guten Häfen
und Landungsplätzen untersucht. So hatte er zwei vorzügliche Häfen ge—
funden, denen er die Namen Friedrich-Wilhelms-Hafen und Prinz-Heinrichs—
Hafen beilegte; später entdeckte er den Adolf- Hafen und den sehr brauchbaren
Finsch-Hafen. Als die Nachricht von diesen deutschen Besitzergreifungen be—
kannt wurde, entstand sowohl in England als in Australien eine große Er—
regung. Man machte die wunderlichsten Vorschläge, um den deutschen Teil
Neu⸗Guineas für England zu gewinnen, doch umsonst. Es ist das Verdienst
des Grafen Herbert Bismarck durch eine Reise nach England ein völliges
Einvernehmen mit England in dieser Frage hergestellt zu haben. Die deutsch—
englische Grenze auf Neu-Guinea beginnt hiernach am Schnittpunkt des 141.
Längegrads mit dem 5. Grad s. Br. und zieht südöstlich bis zum 8. Gr.
s.Br. Die nördlich des 8. Gr. s. Br. liegenden Inseln gehören zu Deutsch—
land, die südlichen zu England. Das Festland erhielt mit Genehmigung
des Kaisers den Namen „Kaiser-Wilhelms-Land“, die Inselgruppe, seit⸗
her Neu⸗Britannia-Archipel genannt, heißt nun „Bismarck-Archipel“.
Zu dem deutschen Schutzgebiet gehören ferner die Marschall-Inseln,
drei Inseln der Salomogruppe, die Admiralitäts-, Brown- und
Providence-Inseln. Das Kaiser-Wilhelms-Land wird auf 3200 Quadrat—
meilen mit 110000 Einw., der Bismarck-Archipel auf 1200 Quadratmeilen
mit 280 000 Einw. geschätzt. Die deutschen Schutzgebiete umfassen demnach mehr
als 34000 Quadraimeilen mit fast 2 Mill. Einwohnern. Bedenkt man, daß
dieser Gebietszuwachs im Laufe weniger Jahre — vielfach gegen den Wider—
spruch der alten Kolonialmächte — ohne besondere Opfer an Geld und
Menschenleben erworben worden ist, so muß man von Bewunderung erfüllt
werden über die Kühnheit und Thatkraft einiger wenigen deutschen Männer,
welche solche Erfolge errangen. Mögen auch einzelne Erwerbungen nur von
geringem Werte sein, mögen Jahrzehnte hingehen, bis ein nennenswerter
wirtschaftlicher Erfolg zu verzeichnen ist, so ist doch nicht zu bestreiten, daß
andere deutsche Besitzungen eine bedeutende Zukunft haben und daß deutschem
Unternehmungsgeist, deutscher Arbeit und Tüchtigkeit ein weites Feld zu er—
sprießlicher Thatigkeit geöffnet ist, deren Erfolg zum Teil der Heimat zu gute
kommen muß. Das alles aber wäre unmöglich gewesen ohne Kaiser und Reich.
P. Müller.