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Heimatkunde für die Provinz Rheinland.
wimmerten und jammerten, rief Hatto: „hört, hört, wie die Mäuse pfeifen!" Allein
Gott der Herr plagte ihn bald, datz die Mäuse Tag und Nacht über ihn liefen und an
ihm fragen, und er sich mit aller seiner Gewalt nicht wider sie zu bewahren oermochte,
va wußte er endlich keinen andern Rat, als daß er einen Turm bei Bingen mitten in
den Rhein bauen liefe, der noch heutigen Tages zu sehen ist. Daselbst meinte er sicher
zu sein,- aber die Mäuse schwammen durch den Strom heran, erklommen den Turm
und fraßen den Bischof lebendig auf. (Brüder Grimm.)
b) Der Rhein von Bingen bis zum Loreleifelsen. Weiter
geht die Kahrt. Welch herrliches Landschaftsbild entrollt sich jetzt unsern er-
5lbb. 2. Binger Mäuseturm. (Nach: „Oer Khein". Verlag der ttunstanstalt Gerhard Blümlein & To.,
Frankfurt a. M.)
staunten Blicken! Reben edelster Art umranken die sonnigen höhen. Zreund-
liche Ortschaften und altertümliche Städtchen, deren Gründung in die Römer-
zeit zurückgreift, lugen aus dem schattigen Grün der Gärten und Anlagen
hervor. Schmucke Kirchen und Capellen lassen das feierliche Geläut ihres
Glöckleins weithin durchs Tal erklingen. Ernst schauen efeuumrankte Burgen
in all die Herrlichkeit hernieder und erzählen uns von den Taten kühner Ritter,
von Schild- und Schwerterklang. Die meisten dieser Bürgen liegen in Trümmern,
nur ihre Ruinen krönen noch die schroffen Berggipfel. Oer schrille pfiff der
Lokomotive entreißt uns den Träumen von längst entschwundenen Zeiten.
Tin langer Eisenbahnzug rollt über die dicht an die Zelsenwände gelegten Geleise.