Object: Lesebuch für Volksschulen

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Riesenstadt. Im weitem Umkreise wird sie noch von dreiunddreissig 
Aussenfestungen umgeben, so dass Paris die grösste Festung der Welt ist. 
An Stelle der alten Festungs-Mauern und -Gräben findet man jetzt die 
prächtigsten Strassen, die Boulevards (buhlewahr, von dem deutschen 
Worte „Bollwerk“). Der breite Fahrweg ist hier durch schöne Linden- 
Alleen von dem Fusswege geschieden. Eine lange Reihe steinerner Riesen¬ 
paläste zieht sich zu beiden Seiten der Strasse bis in eine nebelig ver¬ 
schwimmende Ferne. Hinter den mächtigen Spiegelscheiben der Läden 
gewahrt man Meisterstücke der Kunst und Industrie. Vor den Kaffee¬ 
häusern sitzen zu jeder Stunde des Tages an kleinen Tischen reich¬ 
gekleidete Herren und Damen. Die breiten Fusswege sind fast zu schmal 
für die Spaziergänger. Am rechten Ufer der Seine (fsähn) liegen die 
prachtvollen Königsschlösser (Louvre, Tuilerien [tühlerien]) mit ihren 
grossartigen Gärten. An diese Gärten stölst der Eintrachtsplatz. Zwei 
Jahre lang stand auf demselben das Fallbeil, das mehr als dreitausend 
Menschen — darunter auch der König und die Königin — zum Tode 
beförderte. Die an diesen Platz grenzenden elysäischen Felder, bilden 
einen Lustwald mit Kaffeehäusern und Schaubuden allerlei Art. 
Im grellen Gegensatz zu all dieser Pracht stehen die kleinen Neben¬ 
gassen der Stadt. Die Häuser sehen hier oft recht verwahrlost aus, und 
die Fensterscheiben sind mit geöltem Papier verklebt. — Im Süd¬ 
westen von Paris liegt Versailles (werßäj) mit dem berühmten Schlosse 
der einstigen französischen Könige, ln dem „Spiegelsaale“ desselben 
nahm König Wilhelm am 18. Januar 1871 die Würde eines deutschen 
Kaisers an. Nach Nordau. 
319. Die pyreniiische Halbinsel. 
(Spanien und Portugal.) 
Die pyrenäische Halbinsel besteht zu zwei Dritteilen aus einem Hochlande, 
das durch Randgebirge vom Meere abgeschlossen wird. Da sich die vom Meere 
heranziehenden Wolken an diesen Randgebirgen abkühlen und daher auch abregnen, 
so ist das Hochland sehr regenarm und wenig fruchtbar. Auf den Heideflächen 
daselbst weiden die berühmten Merino-Schafe in Herden von 50—100000 Stück. 
Sie wandern von einer Weide zur andern und kommen das ganze Jahr hindurch 
nicht unter Dach. Hier ans der Hochebene liegt in öder Gegend Madrid (*/2 Mill.), 
die Hauptstadt Spaniens. Die Winter sind hier sehr kalt, die Sommer drückend 
heiß. Daher sagt das Sprichwort: „Drei Monate Winter und neun Monate Hölle." 
Zwei Hochgebirge begrenzen die Hochebene: im Norden die Pyrenäen, im Süden 
das Schneegebirge. Zwischen den Gebirgen und der Hochebene liegen mehrere 
Tiefebenen, so am Guadalquivir die andalnsische, am Ebro die aragonische. 
Diese Ebenen sowie die „Gärten" von Granada, Valencia und Murcia haben 
ein sehr mildes Klima und sind auch ungemein fruchtbar, da sie nicht nur natürlich 
sondern auch künstlich bewässert werden. Neben Weizen, Mais und Reis gedeiht 
hier die Baumwolle und das Zuckerrohr, und nicht selten macht man drei Ernten 
im Jahre. Die ganze Gegend gleicht meilenweit einem Garten. Unter den Orangen¬ 
bäumen liegen dichtgesät die goldigen Früchte, und längs der Wege stehen Johannis¬ 
brot- und Maulbeerbäume. In den Wäldern Südspaniens findet man die Kork¬ 
eiche, deren Rinde uns den Kork liefert. Die wichtigsten Städte Spaniens nächst 
Madrid sind Sevilla, Granada, Barzellona, Zaragossa n. a. Den berühmten
	        
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