§ 19. Friedrich Barbarossa. 83
Preis meines ganzen Lebens steht auf dem Spiel." — Mit nichtiger Ent¬
schuldigung wies ihn Heinrich aber ab: „Dein Dienst, o Kaiser, hat mich vor
der Zeit alt und mürb gemacht, daß ich nicht mehr über die Alpen ziehen
kann; doch will ich dir einige Geldhilse leisten." „Nicht deines Goldes,
deiner selbst bedarf ich und deiner Kraft," sprach der Kaiser, „gedenke der
alten Zeit, unserer alten Freundschaft und Liebe!" Aber Heinrich blieb kalt
und stumm. Da übermannte den Kaiser der Gedanke an die Gefahr, welche
der Ehre des deutschen Namens in Italien drohte, so mächtig, daß er seine
Krone vergaß, vor Heinrich dem Löwen auf die Knie fank und flehend rief:
„Nur diesmal, Heinrich, verlaß mich nicht!" Jener erschrak, wie er den
Kaiser vor sich kuieen sah; deit'noch blieb er fest bei seiner Weigerung. „Steh
auf, lieber Herr," sprach jetzt die Kaiserin zu ihrem Gemahl, „Gott wird dir
beistehen, wenn du einst dieser Stunde und dieses Übermuts gedenkst." Nun
schieden die beiden von einander, — der Kaiser, wie aus einem Traum erwacht,
voll Grimm, der Herzog voll banger Ahnung der Zukunft — jener in die
Lombardei, Heinrich nach Sachsen heim. Dieser Abfall des mächtigsten Reichs¬
fürsten vom Kaiser erhob den Mut der Städte; dennoch verzagte der Kaiser
nicht und sammelte die treugebliebenen deutschen Hilfsvölker; aber das Heer
der Städte war seiner Schar an Zahl weit überlegen und drängte ihn daher
zur Schlacht. Dieselbe fand 1176 bei Legnano statt und fiel unglücklich für
Friedrich aus. Sein ganzes Lager, auch seine Fahne und sein Schild wurde
eine Beute der Lombarden. Aber der Kaiser verlor in diesem Unglück nicht
die Fassung. Mit den Waffen konnte er seine Lage nicht verbessern, darum
beschloß er, sich mit dem Papst auszusöhnen, mit dem er in Venedig denn
auch den Frieden schloß. Durch seine Vermittelung kam auch ein Bündnis
mit den lombardischen Städten zu stände. Zunächst einigte er sich mit denselben
über einen Waffenstillstand, der 1083 in Constanz mit einem Frieden besiegelt
wurde.
Als nun Heinrich der Löwe hörte, daß der Kaiser auf dem Wege nach
Deutschland sei, geriet er in Besorgnis. Dreimal forderte Friedrich I. den
ungehorsamen Vasallen vor sein Gericht, als er aber beharrlich nicht erschien,
legte der Kaiser den versammelten Fürsten die Frage vor, was das Recht
gegen den festsetze, der, in gehöriger Form dreimal geladen, zu erscheinen ver¬
weigere und das Gericht verachte? Das Urteil fiel dahin aus: er sei ge¬
ächtet, aller Lehen verlustig, und seine Würden seien anderen zu erteilen. Der
Kaiser sprach die Acht über ihn aus, und seine Herzogtümer wurden verteilt.
Das Herzogtum Sachsen wurde verkleinert, indem Westfalen an das Erzbistum
Köln fiel, während den Rest Bernhard von Anhalt, der Sohn des Markgrafen
Albrecht von Brandenburg, erhielt. Bayern bekam der Markgraf Otto
von Wittelsbach. Aber nicht ohne Kampf gab Heinrich der Löwe seine
Länder auf. Doch alle seine Tapferkeit war gegen die Übermacht des kaiser¬
lichen Ansehens und des Reichsheeres umsonst. Er mußte sich 1181 dem
Kaiser in Erfurt zu Füßen werfen und feine Gnade anflehen. Tiefbewegt
sah Friedrich auf solchen Wechsel des Glücks, und mit Thränen der Rührung
hob er den Gedemütigten aus und rief dabei aus: „Dennoch bist du das
eigene Werkzeug deines Unglücks!" Er verlieh ihm nur feine väterlichen Erb¬
güter, nämlich Braunschweig und Lüneburg. Gleichzeitig bestimmte noch
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