Metadata: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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Sie haben in ihren Lagerhäusern alles, was es in Grünhainichen 
gibt, aber dazu noch Fünten ohne Zahl. Hier begann nun unser 
Fußmarsch nach Seiffen. 
Wir waren noch nicht weit über Olbernhau hinaus, da holten 
wir einen alten Großvater ein, der einen leeren Tragkorb auf dem 
Rücken hatte. „Grüß' Gott, Väterchen! Wohin des Weges?“ redete 
ihn der Vater an. „Schönen Dank,“ sagte der Alte, „nach Seiffen 
will ich zurück, ich habe beim Verleger abgeliefert.. „Nun, das 
trifft sich ja prächtig, wir wollen auch dahin, da können wir ja in 
Gesellschaft gehen; es marschiert sich besser, wenn man plaudert.“ 
„Freilich, freilich; aber bei einem alten Invaliden heißt es: Immer 
langsam voran!“ „Nun, wir haben auch nichts zu versäumen,“ sagte 
der Vater. Wir nahmen den alten guten Mann in die Mitte. 
Er sprach erzgebirgisch. Ich verstand ihn; aber schreiben kann 
ich diese Sprache nicht. „Sehen Sie,“ begann er, „mein Sohn und 
seine Familie hatten gestern abend gerade vier Satz fertig. Wir machen 
nämlich kleinen Satz, zu jedem gehören 292 Tiere oder 146 Paare 
für die Arche Noäh. Jeder Satz wird in einen großen Papiersack 
getan, und ich habe die vier hineingetragen zum Verleger. Nun will 
ich den Verdienst für eine Woche Arbeit nach Hause bringen. Es 
sind 26 Mark.“ „Da müssen Sie sich doch ganz leidlich nähren?“ 
„Ja, Herr! Nur müssen Sie bedenken, daß wir zu vier arbeiten; 
ich alter Invalid rechne mich nur für einen halben Arbeiter. Und 
Holz, Farbe und Leim müssen wir auch kaufen. Wenn uns 14 Mark 
bleiben, so danken wir Gott. Mein Sohn muß ja auch die Miete 
für die Drehscheibe davon bezahlen!“ „Können denn Kinder auch 
dabei helfen, Väterchen?“ fragte ich. „Gewiß, mein Sohn. Siehst 
Du, mein Ernst hat die schwerste Arbeit an der Drehscheibe; Du sollst 
ihn dann sehen. Meine Schwiegertochter schnitzelt die Beine aus, 
ich leime die Hörner und Schweife ein, und der Heini, mein Enkel, — 
er ist jetzt zehn Jahre alt — muß die Tiere malen. Jedes hat seine 
bestimmte Arbeit jahraus, jahrein. Ich kaufe außerdem im Walde 
das Holz, welches wir brauchen. Fichte bekommen wir wohl in 
unsern Wäldern, aber Buche und Ahorn müssen wir oft drüben in 
Böhmen erstehen. Das Holz muß ich auch schälen und in Scheiben 
zersägen!“ „Macht denn der ganze Ort nur Tiere für die Archen, 
die Bauernhöfe, die Jagden und Schäfereien?“ „O nein, fast in 
jedem Hause werden Sie etwas anderes finden: Wagen, Kanonen, 
Soldaten, Zappelmänner, Puppenmöbel, ja auch Tiere aus Papier— 
masse und Spielzeug aus Blech.“ 
Noch vieles besprachen der Papa und das alte Väterchen. Wir 
waren dabei dem Orte Seiffen ganz nahe gekommen. Er liegt auf
	        
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