Full text: [Teil 3 = Klasse 7 [= 3. Jahrgangsstufe], [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 7 [= 3. Jahrgangsstufe], [Schülerband])

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41. Die Schildbũrger. Von Gustav Schwab u. G. O. Marbach. 
Sehasfsteins Vollsbucher für die Jugend. 12. Bd. 2. Aufl. Cõln o. J. 8. 16. — 
Volksbücher. Leipzig 1838. 4. Bd. 8. 90. 
Die Schildbürger bauen ein Rathaus. 
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dem großmächtigen Königreich Utopien liegt ein Dorf oder Bauern⸗ 
städtchen, Schilda genannt. Dessen Einwohner beschlossen einst, 
ein neues Rathaus zu bauen. Darum zogen sie samt und sonders ein— 
mütig miteinander in das Holz, das jenseils des Berges in einem Tale 
gelegen war, und fingen an, nach dem Rate ihres Baumeisters das 
Bauholz zu fällen. Als es von den Ästen gesäubert und ordentlich zu⸗ 
gerichtet war, da schleppten sie die Bauhölzer nicht ohne viel Schnaufen 
und Atemholen den Berg hinauf und jenseits wieder mit vieler Mühe hinab. 
Den letzten und stärksten Stamm fesselten sie gleich den andern auch 
an, brachten ihn mit Heben, Schieben und Stoßen den Berg hinauf 
und auf der andern Seite zur Hälfte hinab. Sei es nun aber, daß 
sie etwas versehen hatten, oder daß Stricke und Seile zu schwach 
waren: kurz, das Holz entging ihnen und fing an, von selbst fein 
allgemach den Berg hinabzurollen, bis es zu den übrigen Hölzern kam, 
wo es wie ein anderer Stock stillehielt. Solchem Verstande dieses 
groben Holzes sahen die Schildbürger bis ans Ende zu und verwun—⸗ 
derten sich höchlich darüber. „Sind wir doch alle,“ sprach endlich einer 
unter ihnen, „rechte Narren, daß wir uns solche Mühe gegeben haben, 
die Bäume den Berg hinabzubringen! Erst dieser Klotz mußte uns 
lehren, daß sie von selbst besser hätten hinuntergehen können!“ „Nun, 
dafür ist Rat zu schaffen,“ sagte ein anderer. „Darum, wer mit mir 
dran ist, spute sich! Wenn wir erst die Hölzer wieder hinaufgeschoben 
haben, so können wir sie alle miteinander wieder hinunterrollen lassen; 
dann haben wir mit Zusehen unsere Lust und werden für unsere 
Mühe ergötzt!“ 
Dieser Rat gefiel allen Schildbürgern über die Maßen wohl; sie 
schämten sich einer vor dem andern, daß er nicht selbst so witzig gewesen, 
und wenn sie zuvor, als sie das Holz den Berg hinabgebracht, unsäg— 
liche Mühe gehabt hatten, so hatten sie jetzt gewiß dreifache Arbeit, bis 
sie es wieder hinaufbrachten. Nur den einen Stamm, der von selber 
hinabgerollt war, zogen sie nicht wieder hinauf um seiner Klugheit 
willen. Als alle Hölzer wieder oben waren, ließen sie sie allmählich, 
eins nach dem andern, den Berg hinabrollen, standen droben und ließen 
sich den Anblick wohl gefallen. Dann zogen sie fröhlich heim und setzten 
sich ins Wirtshaus, wo sie kein kleines Loch in den Beutel der Stadt 
hinein zehrten.
	        
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