Full text: Wirtschaftsgeographischer Überblick über die außerdeutschen Staaten Europas und die übrigen Erdteile (Teil 7)

30 Europa. 
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. 
Mit Bosnien und Herzegowina 676000 qkm, 51 Mill. Einw., auf 1 qkm 76. 
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie nimmt nach ihrem Flächeninhalt den 
zweiten und bezüglich ihrer Einwohnerzahl den dritten Rang unter den euro- 
Peuschen Staaten ein. 
Die geographische Lage der Monarchie, ihre Vorzüge und 
Schranken. Neben dem Mittelmeer stellt die Donaustraße die wichtigste Ver- 
kehrslinie Europas zum Orient dar. Durch den Handel mit Byzanz nahmen 
einst die Städte an der oberen Donau einen glänzenden Aufschwung, der 
durch die Kreuzzüge und die Gründung deutscher Kolonien in Ungarn noch 
wesentlich gesteigert wurde, bis der Einbruch der Türken in Europa dem blühenden 
Verkehr ein Ende bereitete. Dann bildete die Habsburgische Monarchie die Vor- 
mauer wider die Anstürme der Osmanen und sie blieb die Beschützerin der abend- 
ländischen Kultur, bis die türkische Macht bei Wien und Belgrad gebrochen wurde. 
Noch heute flutet der Warenverkehr Österreich-Ungarns zu einem sehr erheblichen 
Teil die Donaustraße auf und nieder; auch die politische Machterweiterung dieses 
Staatswesens wird immer in der Hauptrichtung dieses Stromlaufes erfolgen, 
zu dem alle Verkehrslinien des Reiches wie zu einer gemeinsamen Lebensader hin- 
streben. Daher erscheint auch die Donau von den Tagen der Römerherrschaft 
und der Völkerwanderung bis in die Gegenwart herein ähnlich dem Rhein als 
ein Strom von hoher geschichtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. 
Die Lage an der Donaustraße, der wichtigsten westöstlichen Verkehrs- 
linie in der Mitte des Erdteils, hat für Österreich-Ungarn eine doppelte 
Bedeutung: 
1. Die Monarchie ist das Durchgangs- und Übergangsland von Zentral- 
europa nach Südeuropa und dem Orient; 
2. sie bildet eben deswegen einen geschichtlich hochbedeutsamen Bestand- 
teil des europäischen Staatensystems. 
Die Vorzüge der geographischen Lage des „ D o n a n st a a t e s" erfahren 
indes durch andere Umstände eine Beeinträchtigung. 
1. Von Italien wird Österreich-Ungarn durch den hohen Wall der Alpen, 
von Rußland durch den geschlossenen Bau der Karpaten getrennt. Vom Adria- 
tischen Meer scheidet es der breite, unwirtliche Rücken des Karst und der Weg zum 
Schwarzen Meer führt durch fremde, wirtschaftlich teilweise noch wenig entwickelte 
Länder. Selbst gegen Deutschland, mit dem der Kaiserstaat die längste Grenze 
und zwei seiner wichtigsten Stromsysteme, Donau und Elbe, gemein hat, erhebt 
sich eine lange Folge von Gebirgen: die Sudeten, das Erzgebirge und der Böhmer- 
Wald. Nur die breite Zone zwischen dem Böhmerwald und den Alpen kann als 
offen gelten. Ammerhin erleichtern Gebirgslücken, Flußdurchbrüche und Paßsenken 
den Verkehr Österreichs mit Deutschland mehr als mit jedem anderen seiner 
Nachbarländer. Die Grenzsäume Österreich-Ungarns erweisen sich streckenweise 
recht unvorteilhaft, die Monarchie ist unter allen europäischen Großmächten am 
meisten Binnenstaat.
	        
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